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Stille Riesen ( NZZ Online)

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  • ️Fri Oct 14 2005
  • Die Mitgliederzeitungen «Coopzeitung», «Migros-Magazin» und «Touring» zählen zu den zehn umsatzstärksten privaten Medienbetrieben, führen aber ein eher stilles Dasein. Als Grosskunden der Post, als Vergeber von Druckaufträgen und als immer aktivere Akteure auf dem Inserentenmarkt spielen sie eine wichtige medienpolitische Rolle.

    K. L. Wahrgenommen werden sie - von der Politik, aber auch in Teilen der Medienbranche - immer noch als Werbepostillen ihrer Konzerne. In Wirklichkeit reihen sich die grössten Mitgliederzeitungen («Coopzeitung», «Migros-Magazin», «Touring») locker unter die zehn umsatzstärksten privaten Medienbetriebe des Landes ein. Mit ihren in drei Sprachen erscheinenden Wochenzeitungen erzielen sowohl Coop wie Migros Umsätze, die höher sind als beispielsweise derjenige der Jean Frey AG. Die diskret behandelte Gewinnsituation dieser Titel ist mit Sicherheit nicht nur wesentlich besser als der Branchendurchschnitt, sondern vor allem viel stabiler. Wer anders in der Druckmedienbranche als der Leiter der Coop-Presse, Karl J. Vögeli, könnte zu Protokoll geben: «Wir haben die allgemeine Rezession nicht gespürt. Was wir spüren, sind die Auswirkungen der hauseigenen Sparaktionen.»

    Dazu mag namentlich im Fall Coop die Tatsache beitragen, dass ein Drittel des Anzeigenumsatzes sogenannte Partnerinserate sind, die von Warenlieferanten als Teile der umfangreichen Liefervereinbarungen geschaltet werden. Branchenbeobachter betonen, dass die Mitgliederzeitungen im Kommunikations-Mix ihrer Konzerne eine immer wichtigere Rolle spielen, während sowohl Migros wie Coop ihre Anzeigenvolumen in der übrigen Presse zum Teil scharf zurückgefahren haben.

    «Subvention von Werbezeitungen»

    Auch als Druckauftraggeber und als Grosskunden der Post spielen die beiden führenden Lebensmittelgrossverteiler und die grösste Konsumentenorganisation der Automobilisten eine wichtige Rolle. Namentlich in den laufenden Verhandlungen mit der Post über die künftige Regelung der Zeitungstransporttaxen bringen die «grossen drei» etliches Gewicht auf die Waage. Ihre Nachfragemacht in der Grössenordnung von zusammen über 100 Millionen Franken Portoumsatz pro Jahr machen sie derzeit als loyale Mitglieder des Verlegerverbandes Schweizer Presse geltend. Frühere Versuche, auf alternative Zustellorganisationen auszuweichen, sind auch von den logistikerfahrenen Migros- und Coop-Organisationen nicht unterstützt worden, weil sie für das Drittel ihrer Auflagen, das für dünn besiedelte Gebiete bestimmt ist, keine wirtschaftliche Alternative zur Post besitzen.

    Entgegen einer von der Politik gelegentlich geäusserten Meinung wird bei marktnaher Betrachtung aber nicht «der Versand von Werbezeitungen öffentlich subventioniert», wie auch schon geschrieben wurde. Diese leisten vielmehr mit ihren Stückzahlen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung eines Gesamtvolumens, das den Zeitungstransport in einer realistischen Grenzkostenbetrachtung zur lohnenden Grundauslastung für die Post gemacht hat. Würden sich die auflagestarken Mitgliederzeitungen von der Branchenlösung abkoppeln, litten wohl die kleinen und mittleren Zeitungen ärger als die stillen Riesen.

    Stabilität spiegeln auch die Leserzahlen der Mitgliederzeitungen, die alle drei in den letzten Jahren durch einschneidende redaktionelle Erneuerungsphasen gegangen sind. Offenkundig findet das preisbewusste Konsumentensegment ebenso Gefallen an mehrheitsfähiger Alltags- und Lifestyle-Thematik wie an politisch sorgfältig austarierten Hintergrundberichten. Dank den grossen Leserzahlen ergeben sich beeindruckend niedrige Tausenderpreise, die auch Werbetreibende anziehen, die direkt nichts mit Migros, Coop und TCS zu tun haben.

    Stärkere Bearbeitung der Anzeigenmärkte

    Entsprechend haben die «heimlichen Verleger» der Mitgliederpresse in den letzten Jahren die Bearbeitung der Anzeigenmärkte intensiviert. Ihre Erfolge in Direktverkaufs-orientierten Branchen, etwa im Reisemarkt, sind beachtlich. Derzeit bemühen sich alle drei Titel intensiv, aber noch nicht wirklich erfolgreich um Autoinserate. Der Mediafachmann Urs Schneider (Mediaschneider Zürich) findet, die Mitgliederpresse werde von den Werbern noch unterschätzt, sowohl was die Leserzahlen wie die Beachtung betrifft. «Dadurch, dass die Titel stark von direkt verkaufenden Anbietern belegt werden, erbringen sie den Beweis für ihre Wirksamkeit. ‹Migros-Magazin› und ‹Coopzeitung› bringen es auf deutlich mehr als 1,0 Leser pro Exemplar, was eine gute Rückmeldung für die redaktionelle Qualität von Gratistiteln ist.» Vor diesem Hintergrund gewinnt die heute beginnende dreiteilige Porträtserie der grössten Mitgliederzeitungen der Schweiz medienpolitische Aktualität (siehe nebenstehenden Artikel).

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