Vom fr�hen Erz-Bergbau im M�rkischen Sauerland
im M�rkischen Sauerland
Von Heinrich Streich (Zeitungsverlag Altena 1979)
Dem Wunsch vieler Heimatfreunde, ein Buch zu schreiben �ber den Erz-Bergbau
im M�rkischen Sauerland, dem fr�heren s�dlichen Teil der Grafschaft Mark,
bin ich gern nachgekommen.
So f�hrt das vorliegende Buch zun�chst in die Natur, es will den
Blick sch�rfen f�r die vielen Merkmale drau�en, die vom Bergbau
geblieben sind. Nach der weiteren Beschreibung der Stollen und
Sch�chte, der Abbauweise und technischen Begriffe, wird die
Geschichte des alten Bergbaus im M�rkischen Sauerland behandelt,
zwar knapp, doch �bersichtlich und ersch�pfend. Schlie�lich
berichtet das Buch von vielen kulturhistorischen Gruben, die
verdienen erw�hnt zu werden. Sie offenbaren die ganze Gr��e und
Vergangenheit des erloschenen Erzbergbaus.
Zu diesem Thema liegt der Band nun vor. Gewi� wird er seinen Platz in
der Heimatliteratur einnehmen und eine L�cke f�llen. Inhaltlich reich
gegliedert, werden zun�chst die Spuren im Bergland beschrieben, die der
untergegangene Bergbau hinterlassen hat. Wer vermutet schon in dem
T�mpel im Gel�nde einen alten Luftschacht eines Bergwerkes? Oder was
bedeuten denn die langen schmalen Gr�ben hoch im Bergwald?

Es sei hier betont, dass vorliegender Band inhaltlich nur die
bergbaulichen Verh�ltnisse, bergrechtlichen Bestimmungen und
geschichtlichen Aufzeichnungen widergibt, soweit dies das
M�rkische Sauerland, insbesondere den M�rkischen Kreis,
Nordrhein-Westfalen, betreffen. Mag darum dieses Buch, das
mehr sein will als nur ein Handbuch, allen Gel�nde-Forschern
und einem gewi� nicht kleinen heimatforschenden Leserkreis
n�tzlich und wegweisend sein.
Herscheid Ober-Holte Gl�ck auf!
Februar 1979
Heinrich Streich
PINGEN
Die heute noch auffallendste und bedeutendste Erscheinung des
fr�heren Erzbergbaus in den Bergw�ldern der Mark sind die
Pingen (siehe Abbildung). Hierunter versteht der Bergmann
graben- und keilf�rmige Einbr�che der Erdoberfl�che, die
durch umgehenden Untertagebetrieb (Stollenbergbau) entstanden
sind. Diese Einsenkungen sind eine Folge von Zerrungen und
Pressungen des �ber dem Stollen ruhenden Hangenden mit nachfolgendem
Abrutschen des Gesteines entlang einer Abrisslinie in den
Stollenraum. Die Pinge kennzeichnet so den Verlauf des Stollens
und ist ein k�nstliches Gebilde, im Gegensatz zu nat�rlichen
Gel�ndeformen geologischer Zeiten. Juristisch gesehen sind
Pingen danach Bergsch�den.
Form und Aussehen einer heutigen Pinge richtet sich nat�rlich
nach ihrem Alter, d. h. eine Pinge, die �ber ihre gesamte L�nge
nur noch flach und leicht gemuldet ist, wird �lter sein als eine,
die sich scharf gepr�gt an der Tagesoberfl�che abhenbt. Freilich
trifft der Gel�ndeforscher auch auf Pingen, die zun�chst scharf
keilf�rmig gezeichnet sind, und zwar in n�chster Entfernung des
Stollen-Mundlochs, dann aber flacher werden, und, obwohl der
zugeh�rige Stollen weitergetrieben wurde, schlie�lich verschwinden.
Daf�r gibt es verschiedene Gr�nde:
Im allgemeinen erleichtert der weiche Devonschiefer die Pingenbildung,
da die Schichten-Lagerung das Nachsinken f�rdert. In einem L�ngenfeld,
wie es fr�her verliehen wurde, lagen vielfach mehrere Erzg�nge in
Reihen nebeneinander oder gabelten auch auseinander. �ber den abgebauten
G�ngen zeigen sich heute entsprechend die Pingen. Hatte ein abzweigender
Stollen mit dem ausgeerzten Gang die Feldesgrenze, wo auch immer, ereicht,
war der Abbau hier beendet, und somit das Ende der Pinge (Abbildung).
Solche Pingen, die "aus der Reihe tanzen", begegnen wir h�ufig, sie
geh�ren zu jedem gr��eren Pingen-Gebiet einer Grube.
Bei Betrachtung eines Pingen-Gebietes erkennt der Beobachter h�ufig
verschiedene tiefe Einschnitte nebeneinander liegender Pingen, obwohl
der Grubenbetrieb eine einheitliche Sohlentiefe f�r alle abzweigenden
Stollen hatte. Also hatten unsere fr�heren Bergleute zun�chst einen
Erzgang ausgeerzt, danach die in Reihen liegenden Nachbar-Erzadern,
wie sie innerhalb der Vierung (Breite) des verliehenen Feldes abbauw�rdig
waren. Entsprechend sehen heute auch die einzelnen Pingen aus: w�hrend
die erste, �lteste Pinge schon flach und eingemuldet ist, zeigt die
zuletzt entstandene, also j�ngste, noch scharfe Umrisse mit bis zu
3 Meter Einschnitten, die zumeist aus dem letzten Jahrhundert stammen,
w�hrend die flachen, bis zu 0,5 Meter tiefen und zwei Meter breiten,
mit Buschwerk bestandenen Pingen aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen.
Die Pingen zeigen so die Betriebszeit der Gruben an.
Das Nachsinken der Schichten entlang der Abrisslinie erfolgte gew�hnlich
in regelm��igen Zeitabst�nden mit h�rbaren Bergschl�gen, ein Zeichen f�r
den Bergmann, sich in Sicherheit zu bringen. Das eingest�rzte Hangendgestein
wurde entweder in der Grube versetzt, also in Hohlr�umen verpackt, oder
auf Halde gest�rzt.
HALDEN
Halden sind Schuttberge �ber Tage, die meistens vor dem Stollenmundloch angeh�uft
wurden und welche aus wertlosen "Bergen" bestehen, die beim Bohren der Stollen
und beim Erzabbau angefallen waren. Unter "Berge" versteht der Bergmann auch
heute noch das Nebengestein der Erzg�nge, sowie die R�ckst�nde bei der
Erzaufbereitung. Durch das Abkippen der Berge den Berghang hinab entstanden
auffallende Gel�ndenasen, die vielfach den kleinen Bergvorspr�ngen der
fr�heren Meilerpl�tze �hneln, doch sind diese schw�rzlich und enthalten
keine Mineralien.
Die Halde gibt immer einen sch�nen Querschnitt vom Mineralinhalt der Grube, die
besten Sammelerfolge werden daher auf der Halde erzielt. In f�heren Zeiten
befand sich bei den Gruben der Mark keine Erzaufbereitung, vielmehr wurden
die Erze von Hand aus dem gebrochenen Erzgang ausgeklaubt und zur Verh�ttung
transportiert. Manch sch�ner Erzklumpen wanderte darum auf Halde. So sind
alte Halden f�r den Mineralien-Sammler viel interessanter als solche aus
j�ngerer Zeit, auf denen schon mittels verbesserter Aufbereitungsmethoden
wie Schl�mmgr�ben, Setzmaschinen und Pochwerke die mehr erzfreie Gangart
und das Nebengestein abgekippt wurde - und weniger Mineral.
Die Halden in der Mark sind freilich oberfl�chig l�ngst abgesucht, der
Sammler muss darum schon tiefer graben und zur Spitzhacke greifen. Gr��ere
und sch�ne Stufen findet der Freund der Mineralien meist am unteren
Haldenrand, wie auch hier im dichten Buschwerk und nat�rlich im vorbeiflie�enden
Bach. Die Fundm�glichkeiten sind bei der Beschreibung der einzelnen Gruben
angegeben.
TAGESSCH�CHTE
H�ufig findet man in den Bergw�ldern der ehemaligen Mark runde oder l�ngliche,
nur wenige tiefe, doch auffallende Einsenkungen an der Erdoberfl�che. Es sind
Tagessch�chte eines in der Umgebung liegenden Stollen-Bergbaues oder eines
eigenen Schachtbetriebes. Die Art der Einsenkung, wie sie sich im Gel�nde
zeigt, l�sst R�ckschl�sse zu auf den fr�heren Zweck der Sch�chte.
a.) Der runde Tagesschacht, der von der Stollen-Sohle ans Tageslicht
aufgehauen wurde, diente haupts�chlich der dynamischen Bewetterung der
Grube, sein urspr�nglicher Durchmesser betrug 2,50 bis 4 Meter, heute hat
er Trichterform bis 4 Meter Tiefe, ist verwachsen, beigefallen und vielfach
mit Grundwasser bedeckt. Selbstverst�ndlich lag so ein Schacht, der auch
Wetter- oder Luftschacht genannt wird, innerhalb eines verliehenen L�ngenfeldes
seinem Zweck entsprechend sowohl in der N�he des Stollen-Mundloches als auch
am Ende des unterirdischen Stollens.
b.) Der Tagesschacht mit rechteckiger Schachtscheibe �bernahm schon
F�rderung des Haufwerks mittels Haspel (s. Abb.), Fahrung der Bergleute und
diente der Versorgung der Abbauteile mit frischen Wettern. Dem zweck entsprechend
war er �ber dem Ende des in den Berg vorgetriebenen Stollens angelegt, d. h.
er wurde vom Stollen zur Erdoberfl�che vertikal aufgehauen. Er kam demnach
auch nur f�r umfangreichere Betriebspunkte in Frage, um den Stollenbetrieb
zu entlasten.
Im Gel�nde wird dieser Schachttyp weniger angetroffen, denn die Gruben der
Mark waren meist einfache Stollenbetriebe mit geringer Ausdehnung und machten
die Anlage dieses Schachtes unn�tig. Heute sind auch diese Sch�chte verwachsen
und beigefallen, ann�hernd 3 - 5 Meter tief und mit Wasser gef�llt. Die
fr�heren Bauma�e der Schachtscheibe waren etwa 3 bis 4 Meter lang, bei einer
Breite von rund 2 Metern. Da wir es im s�dlichen Teil der Grafschaft Mark
durchweg mit bergigem Gel�nde zu tun haben, l�sst sich die Tiefe eines
Schachtes ann�hernd durch den H�henunterschied zwischen Stollen-Mundloch
und Schachtscheibe mittels brauchbarer Gel�ndekarte oder H�henmesser
bestimmen.
c.) Der dritte Schacht z�hlt zu jenen Grubenbauen, die senkrecht in
die zur Aufschlie�ung der Erz-Lagerst�tten erforderlichen Tiefe f�hren.
Naturgem�� haben sie einen gro�en Querschnitt, weil durch sie der gesamte
Betrieb zwischen der Tagesoberfl�che und "unter Tage" l�uft, z. B. die
Personenbef�rderung, die Bewetterung, also die Zufuhr frischer Wetter und
Abzug verbrauchter Luft sowie F�rderung des gewonnenen Minerals und der
Ger�tschaften. Au�erdem war in diesem Schacht die Rohrleitung zum
Abf�hren von Wasser untergebracht. Dieser Schachttyp hat keine Verbindung
zu einem Stollenbau. Er ist vielmehr ein reiner Schachtbetrieb.
Erkennbar ist er im Gel�nde an seiner Gesteins-Umwallung sowie an der
umgebenden Halden-Ansch�ttung, die meistens heute bewachsen ist. Die
Teufe, also die Niederbringung dieses Baues geschah dort, wo Stollenbau
unm�glich war, also auf flachen Bergesh�hen oder in Talsohlen. War durch
das Abteufen ein abbauw�rdiger Erzgang erreicht, wurde in diesem ein
Stollen vorgetrieben, das Erz aus dem Hangenden abgebaut und in K�beln
zutage gef�rdert.
1. Mit dem Vortreiben des Stollens unter dem leicht ansteigenden
Berghang w�chst auch die M�chtigkeit des Hangenden, also der vertikale
Abstand zwischen Stollen und der an der Tagesoberfl�che laufenden
Pinge. Ist so eine gen�gend M�chtigkeit erreicht, k�nnen keine
Zerrungen und Stauchungen im Hangenden mehr wirksam werden. Bei
solch einem festen Gesteins-Verband h�rt die Pingenbildung auf.
2. Steigt ein mit Pingen durchsetzter Berghang pl�tzlich an, wird
die M�chtigkeit ebenfalls gr��er, auch dann endet hier die Pinge
recht bald.
Zu den Pingen in der fr�heren Grafschaft Mark geh�ren auch tellerf�rmige
Einsenkungen an der Erdoberfl�che, entstanden durch Einsturz von Gesteinsmassen
als Folge des Abbaus eines flach liegenden schwebenden Ganges. Der vor zeiten
ge�bte Tagebau in Form von schmalen Gr�ben an der Erdoberfl�che hinterlie�
ebenfalls Pingen, sie sind beigefallen und zugewachsen und lassen sich
nicht mehr nachweisen.