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Venus: Neue Hinweise auf aktive Vulkane?

 
VENUS
Neue Hinweise auf aktive Vulkane?
von Stefan Deiters
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3. Dezember 2012

Die ESA-Sonde Venus Express könnte neue Hinweise auf noch aktive Vulkane auf unserem Nachbarplaneten Venus entdeckt haben. Beobachtungen über einen Zeitraum von sechs Jahren zeigten nämlich deutliche Veränderungen des Schwefeldioxid-Gehalts in der Atmosphäre des Planeten. Eine mögliche Erklärung dafür wären Vulkanausbrüche.

Vulkanismus

So stellt sich ein Künstler aktiven Vulkanismus auf der Venus vor. Bild: ESA/AOES

Unser Nachbarplanet Venus ist von einer dichten Atmosphäre umgeben, die über eine Millionen Mal mehr Schwefeldioxid enthält als die Atmosphäre der Erde. Auf unserem Heimatplaneten entsteht dieses giftige Gas fast ausschließlich durch vulkanische Aktivität. Der größte Teil des Schwefeldioxids auf der Venus findet sich unter der dichten oberen Wolkendecke des Planeten, da das Gas durch Sonnenlicht sehr leicht zerstört wird. Entdeckt man also in der oberen Atmosphäre des Planeten Spuren von Schwefeldioxid, muss es erst vor kurzer Zeit aus der unteren Atmosphäre dorthin gelangt sein.

Doch woher könnte das Gas stammen? Auf der Venusoberfläche finden sich unzählige Vulkane, von denen die Wissenschaftler allerdings nicht wissen, ob sie auch heute noch aktiv sind. Ein Ziel der ESA-Sonde Venus Express, die seit 2006 um den Planeten kreist, ist es daher auch, Hinweise für Vulkanismus auf der Venus zu finden.

Dank Venus Express spürten die Wissenschaftler schon Indizien für aktive Vulkane in der vergleichsweise jungen Vergangenheit des Planeten, also vor einigen Hunderttausend bis zu einigen Millionen Jahren, auf. Zudem glaubte man auf der Oberfläche Lavaflüsse von einem Vulkan entdeckt zu haben, deren Zusammensetzung sich deutlich von der Umgebung unterscheidet. Dies würde auf einen Vulkanausbruch in jüngerer Zeit hindeuten.

Ein weiterer Hinweis kommt nun durch die Auswertung von Messungen des Schwefeldioxidgehalts in der oberen Atmosphäre der Venus: Kurz nach dem Einschwenken in den Venus-Orbit registrierte Venus Express dort einen deutlichen Anstieg der mittleren Dichte von Schwefeldioxid, die anschließend schnell wieder abfiel und heute etwa zehnmal niedriger ist als damals. Einen ganz ähnlichen Abfall hatte schon die NASA-Mission Pioneer Venus registrieren können, die den Planeten von 1978 bis 1992 umkreiste. Als mögliche Erklärung galt damals ein Schwefeldioxideintrag durch einen oder mehrere Vulkanausbrüche. Die NASA-Sonde erreichte die Venus offenbar damals gerade rechtzeitig, um den Abfall der Schwefeldioxidkonzentration beobachten zu können.

"Wenn man einen Anstieg des Schwefeldioxid-Gehalts in der oberen Atmosphäre registriert, ist klar, dass es durch irgendein Ereignis erst vor kurzer Zeit dorthin gelangt sein muss, da die einzelnen Moleküle durch das Sonnenlicht innerhalb weniger Tage zerstört werden", erklärt Dr. Emmanuel Marcq vom französischen Laboratoire Atmosphères, Milieux, Observations Spatiales, der auch Hauptautor eines Artikels über die Untersuchung ist, der in der Fachzeitschrift Nature Geoscience erscheint.

"Durch einen Vulkanausbruch könnte Schwefeldioxid in diese Höhe gelangen, doch wäre es auch möglich, dass bestimmte Besonderheiten bei der atmosphärischen Zirkulation des Planeten, die wir noch nicht vollständig verstehen, zu einer Mischung der Gase und zum selben Resultat führen", so Co-Autor Dr. Jean-Loup Bertaux, der verantwortliche Wissenschaftler für das SPICAV-UV Spektrometer, mit dem die Beobachtungen gemacht wurden.

Die Atmosphäre der Venus dreht sich deutlich schneller um den Planeten als der Planet um die eigene Achse: Sie benötigt für einen Umlauf lediglich vier Erdtage, während sich die Venus in 243 Tagen einmal um die eigene Achse dreht. Durch diese schnelle atmosphärische Rotation kann sich das Schwefeldioxid in kurzer Zeit verteilen, so dass es sehr schwierig ist, einen genauen Ursprungsort dafür zu ermitteln.

Sollte sich der Anstieg in der oberen Atmosphäre tatsächlich durch Vulkanismus erklären, dürfte es sich nach Ansicht der Wissenschaftler eher nicht um einen gewaltigen Ausbruch eines Vulkans, sondern vielmehr um mehrere aktive Vulkane handeln, deren Aktivität leicht zugenommen hat.

"Alternativ wäre es - angesichts der ganz ähnlichen Beobachtungen von Pioneer Venus - auch möglich, dass wir hier das Ergebnis einer über mehrere Jahrzehnte dauernden Variabilität der atmosphärischen Zirkulation sehen, die noch komplexer ist, als wir uns das zuvor jemals vorgestellt haben," so Marcq.   

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