Mögliche Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Tiere und Pflanzen
- Für das Bundesamt für Strahlenschutz sind neben möglichen gesundheitlichen Risiken für den Menschen auch die Wirkungen auf die Umwelt von Bedeutung.
- Das BfS verfolgt regelmäßig den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu diesem Thema.
- Demzufolge gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch hochfrequente elektromagnetische sowie niederfrequente und statische elektrische und magnetische Felder unterhalb der Grenzwerte.
Um den aktuellen Wissensstand zu Umweltfragen zu erfassen, führte das BfS im November 2019 in München den internationalen Workshop "Einfluss elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf die belebte Umwelt" durch.
Für das Bundesamt für Strahlenschutz sind neben möglichen gesundheitlichen Risiken für den Menschen auch die Wirkungen auf die Umwelt von Bedeutung. An das Bundesamt für Strahlenschutz werden häufig Fragen nach schädlichen Auswirkungen elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder der Stromleitungen oder des Mobilfunks auf Tiere und Pflanzen gerichtet. Grundsätzlich geht man davon aus, dass Grenzwerte, die den Menschen schützen, auch für die Umwelt ausreichend sind. Diese müssen aber nur dort eingehalten werden, wo sich Menschen regelmäßig aufhalten. Weiterhin können flugfähige Tiere in unmittelbare Nähe von Sendern oder Stromleitungen geraten und dort oberhalb der Grenzwerte exponiert werden. Einige Tiere und Pflanzen haben Rezeptoren und Signalwege, die der Mensch nicht hat und die durch elektrische oder magnetische Felder beeinflusst werden können (Magnetsinn, Elektrorezeption).
EU hält Forschung von hoher Qualität für erforderlich
EKLIPSE, ein EU-Netzwerk zum Informationsaustausch über Biodiversität und Ökosysteme, organisierte im Januar 2018 eine Web-Konferenz zu den Auswirkungen elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder aller Frequenzen und Technologien auf die belebte Umwelt. Es wurde ein Bericht veröffentlicht, der die aktuelle Datenlage zusammenfasst. Als Ergebnis wurde weitere internationale, interdisziplinäre und vernetzte Forschung von hoher Qualität gefordert.
Um den aktuellen Wissensstand zu Umweltfragen zu erfassen, Wissenslücken zu schließen und bei Bedarf weitere Forschung zu initiieren, führte das BfS vom 05. bis 07. November 2019 in München den internationalen Workshop "Einfluss elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf die belebte Umwelt" durch [1, 2].
Das Europaparlament hat 2021 ein systematisches Review [3] zu Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Tiere und Pflanzen in Auftrag gegeben. Dieses ist aufgeteilt nach Organismen (Wirbeltiere, Wirbellose, Pflanzen) und Frequenzbereichen (unterhalb und oberhalb von 6 GHz). Die meisten Studien liegen zu Frequenzen unterhalb von 6 GHz und Wirbeltieren vor. Hier sind thermische Wirkungen etabliert, einige Ansätze zu möglichen nicht thermischen Wirkungen nicht bestätigt oder reproduziert. Diskutiert wird die akustische Wahrnehmung hochfrequenter Felder durch Tiere, für Sendeanlagen scheint das aber unwahrscheinlich. Bei Vögeln und Fledermäusen wurden Verhaltensänderungen im Freiland unter HF-EMF Exposition beobachtet. HF Felder mit einer Frequenz unterhalb von 100 MHz können die Orientierung von Vögeln beeinflussen.
Es gibt nur wenige Studien zu Wirbellosen, überwiegend Insekten, im Frequenzbereich unterhalb von 6 GHz. Nachgewiesen sind thermische Wirkungen, die zur Schädlingsbekämpfung genutzt werden. Experimentelle Studien sowie Freilanduntersuchungen leiden häufig unter methodischen Mängeln vor allem im Bereich der Expositionsbestimmung. Häufig fehlen geeignete Kontrollexperimente ohne Exposition, oder mit Scheinexposition. Da Studien zum Teil negative Auswirkungen zum Beispiel auf Bienen und andere Bestäuber zeigen, die aber nicht abschließend bestätigt oder reproduziert sind, wird vor allem Freilandforschung mit einer entsprechend qualitativ hochwertiger Expositionsüberwachung empfohlen. Zu anderen Wirbellosen als Insekten liegen kaum Ergebnisse vor, auch hier wird weitere Forschung empfohlen.
Was Pflanzen betrifft, kann die thermische Energie der Hochfrequenzfelder zur Stimulation von Keimung von Saatgut genutzt werden. Es gibt einige Laboruntersuchungen zu Wirkungen von kurzfristigen und schwächeren HF-EMF Expositionen auf Wachstum und Stoffwechsel, die nicht reproduziert sind und ebenfalls häufig qualitative Mängel bei der Exposition und den Kontrollbedingungen aufweisen. Freilanduntersuchungen sind extrem selten. Es ist weitere Forschung nötig, vor allem mit Fokus auf verbesserte Expositionsbestimmung.
Für den Frequenzbereich oberhalb von 6 GHz, der erst zukünftig verbreitet zur Anwendung für den Mobilfunk kommen wird, gibt es einige Studien an Wirbeltieren. Sehr hohe Expositionen können zur Schädigung der Haut und Augen führen. Niedrigere Expositionen können möglicherweise schmerzlindernde und immunfördernde Wirkungen haben. Bei einigen Tieren wurden Verhaltensänderungen im Umkreis von Radaranlagen beobachtet. Zu Wirbellosen und Pflanzen liegen kaum Studien vor. Für den gesamten Frequenzbereich oberhalb von 6 GHz ist in allen Bereichen, die Umweltauswirkungen betreffen, weitere Forschung nötig.
Literatur
[1] Pophof B, Henschenmacher B, Kattnig DR, Kuhne J, Vian A, Ziegelberger G (2023) Biological effects of electric, magnetic, and electromagnetic fields from 0 to 100 MHz on fauna and flora: Workshop report. Health Phys 124(1): 39-52.
[2] Pophof B, Henschenmacher B, Kattnig DR, Kuhne J, Vian A, Ziegelberger G (2023) Biological effects of radiofrequency electromagnetic fields above 100 MHz on fauna and flora: Workshop report. Health Phys 124(1): 31-38.
[3] Thielens A (2021) Environmental impacts of 5G. A literature review of effects of radio-frequency electromagnetic field exposure of non-human vertebrates, invertebrates and plants. Panel for the Future of Science and Technology, EPRS - European Parliamentary Research Service, Scientific Foresight Unit (STOA)
Mögliche Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder
Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch hochfrequente elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte. Qualitativ hochwertige Forschung fehlt aber bisher. Der einzige wissenschaftlich nachgewiesene Wirkmechanismus hochfrequenter Felder auf Organismen ist die Erwärmung infolge von Energieabsorption.
Im Folgenden wird der wissenschaftliche Kenntnisstand zu möglichen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf die belebte Umwelt im Allgemeinen und auf einige bedeutsame Tiergruppen und Pflanzen zusammengefasst und bewertet.
Wissenschaftlicher Kenntnisstand zu möglichen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Tiere und Pflanzen - Zusammenfassung und Bewertung
ÜbersichtsarbeitenEinklappen / Ausklappen
Eine systematisch durchgeführte Analyse [1] bewertet über 100 wissenschaftliche Arbeiten zu potentiellen ökologischen Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder. Speziell wurde auf Insekten, Vögel, Wirbeltiere und Pflanzen und auf die Endpunkte Reproduktion, Entwicklung und Verhalten eingegangen. Es überwiegen Laborstudien an Nagern und Hühnern, in vielen Fällen wurden thermische Effekte weit oberhalb der Grenzwerte beschrieben. Nur wenige Untersuchungen wurden in der freien Natur durchgeführt. Angesichts der unzureichenden Datenlage und wechselnder Qualität der Studien wird weitere Forschung gefordert.
Eine weitere Übersichtsarbeit [2] setzt sich mit Untersuchungen zu potentiellen Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf die Umwelt auseinander. Betrachtet wurden insbesondere Insekten, Vögel, Säugetiere und Pflanzen. Die Studien wurden bezüglich der Qualität bewertet, mit dem Ergebnis, dass Studien mit schlechter Qualität, insbesondere was Expositionsbestimmung und Statistik betrifft, deutlich überwiegen. Störfaktoren konnten häufig nicht ausgeschlossen werden, in einigen Studien wurden Einflüsse hoch- und niederfrequenter Felder vermischt und viele Veröffentlichungen wurden in Zeitschriften veröffentlicht, die kein Peer-review-Verfahren zur Qualitätssicherung durchführen. Viele Studien zeigten biologische, häufig negative Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen. Aus den genannten Gründen können sie aber nicht als Beweis gewertet werden, dass hochfrequente elektromagnetische Felder einen schädlichen Einfluss auf die Umwelt haben. Um diese Frage zu klären, ist interdisziplinäre Forschung mit ausführlicher Beschreibung der Experimente und korrekter Expositionsbestimmung notwendig.
Literatur
[1] Cucurachi S, Tamis WLM, Vijver MG, Peijnenburg WJGM, Bolte JFB, de Snoo GR (2013) A review of the ecological effects of radiofrequency electromagnetic fields (RF-EMF). Environ. Int. 51: 116 - 140.
[2] Verschaeve L (2014). Environmental Impact of Radiofrequency Fields from Mobile Phone Base Stations. Critical Reviews in Environmental Science and Technology 44(12): 1313 - 1369.
NutztiereEinklappen / Ausklappen
Untersuchungen zu Rindern in Deutschland
In den Jahren 1998 bis 2000 wurde in 38 landwirtschaftlichen Betrieben in Bayern und Hessen die sogenannte "Bayerische Rinderstudie" durchgeführt. Auf allen beteiligten Bauernhöfen wurde die elektrische Feldstärke gemessen. Bei Milchleistung, Fruchtbarkeit, Ausschüttung von Schlafhormonen und Stresssymptomen waren keine Auffälligkeiten durch den Einfluss des Mobilfunks erkennbar. Beobachtete Fehlbildungen waren auf das Auftreten einer Viruserkrankung zurückzuführen. Lediglich beim Wiederkauverhalten und beim Liegeverhalten zeigten vier der acht untersuchten Herden Auffälligkeiten [1]. Ein Gefährdungsszenario durch Mobilfunk ist nach Auswertung der Studie nicht erkennbar.
Untersuchungen zu Rindern in der Schweiz
In der Schweiz wurde in den Jahren 2005 bis 2006 eine Pilotstudie zu einer geplanten Rinderstudie durchgeführt, in der mit rechnerischen und messtechnischen Verfahren eine möglichst belastbare Expositionsbestimmung für freilaufende Kühe durchgeführt wurde. Es zeigte sich, dass die Rinder auf Schweizer Bauernhöfen gering exponiert sind.
Eine tiermedizinische Arbeit aus der Schweiz [2] beschreibt einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Augenschäden bei neugeborenen Kälbern und der Entfernung der trächtigen Kühe von Mobilfunk-Sendemasten. Die Exposition wurde nicht bestimmt und mögliche Störfaktoren nicht erfasst. Ein ursächlicher Zusammenhang kann aus dieser Arbeit nicht abgeleitet werden.
Ebenfalls in der Schweiz wurde eine experimentelle Studie an Kühen durchgeführt [3], die über mehrere Monate einem GSM Signal von 12 Volt pro Meter ausgesetzt waren. Es wurde die Aktivität verschiedener oxidativer Enzyme im Blut bestimmt. Diese veränderten sich signifikant, aber bei einzelnen Tieren unterschiedlich und einige Kühe reagierten überhaupt nicht. Ein Vergleich mit einer Kontrollgruppe, der die natürliche Schwankungsbreite der betreffenden Enzymaktivitäten ohne Befeldung aufgezeigt hätte, fehlt. Eine Interpretation der Ergebnisse in Bezug auf die Gesundheit von Rindern ist demnach nicht möglich.
In einer weiteren Arbeit aus der Schweiz [4] wurde die zeitliche Koinzidenz zwischen dem Aufbau einer Mobilfunk-Sendeanlage und dem gehäuften Auftreten von Augenschäden bei Kälbern auf einem Bauernhof untersucht. Die gemessene elektrische Feldstärke war sehr gering, andere Einflussfaktoren wie Infektionen oder Vergiftungen konnten ausgeschlossen werden. Die Ursache der Erkrankungen wurde nicht identifiziert, diskutiert wurde Vererbung.
Literatur
[1] Wenzel C, Wöhr AC, Unshelm J (2002) Das Verhalten von Milchrindern unter dem Einfluss elektromagnetischer Felder. Der praktische Tierarzt. 83(3): 260 - 267.
[2] Hässig M, Jud F, Naegeli H, Kupper J, Spiess B (2009) Prevalence of nuclear cataract in Swiss veal calves and its possible association with mobile telephone antenna base stations. Schweiz. Arch. Tierheilkd. 151(10): 471 - 478.
[3] Hässig M, Wullschleger M, Naegeli HP, Kupper J, Spiess B, Kuster N, Capstick M, Murbach M, Wullschleger M, Naegeli HP, Kupper J, Spiess B, Kuster N, Capstick M, Murbach M (2014) Influence of non ionizing radiation of base stations on the activity of redox proteins in bovines. BMC Vet Res 10(19:136).
[4] Hässig M, Jud F, Spiess B (2012) Increased occurence of nuclear cataract in the calf after erection of a mobile phone base station. Schweiz Arch Tierheilkd. 154(2): 82 – 86.
FledermäuseEinklappen / Ausklappen
Laut Informationen von Umweltschutzorganisationen und Behörden gibt es keine Anzeichen dafür, dass elektromagnetische Felder von Mobilfunkbasisstationen Fledermäusen schaden. Infolge von Schutzmaßnahmen steigt die Zahl der Fledermäuse seit dem Jahr 2000 stetig an. Als flugfähige Tiere können Fledermäuse die Sicherheitsabstände unterschreiten und in unmittelbare Nähe der Sender gelangen, wodurch sie thermischen Einflüssen ausgesetzt werden.
Untersuchungen bei Radaranlagen
Der Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Fledermäusen und elektromagnetischen Feldern wurde anhand der Aktivität von fünf Fledermausarten in der Umgebung von zehn Radaranlagen in Schottland untersucht [1]. Die Fledermäuse mieden die unmittelbare Nähe der Sender mit Feldstärken über zwei Volt pro Meter. Es wurde vorgeschlagen, das Vermeidungsverhalten zu nutzen und mit Hilfe von Radar Fledermäuse von Windrädern, mit denen sie kollidieren könnten, fern zu halten [2]. Ein Wirkmechanismus wurde nicht untersucht, möglich wäre eine Wahrnehmung der durch die elektromagnetischen Felder verursachten Erwärmung oder eine akustische Wahrnehmung auf dem Prinzip des sogenannten "Mikrowellenhörens" [3].
Literatur
[1] Nicholls B, Racey PA (2007) Bats Avoid Radar Installations: Could Electromagnetic Fields Deter Bats from Colliding with Wind Turbines? PLoS ONE 2(3): e297
[2] Nicholls B, Racey PA (2009) The aversive effect of electromagnetic radiation on foraging bats: a possible means of discouraging bats from approaching wind turbines. Plos One 4(7): e6246
[3] Lin JC, Wang Z (2007) Hearing of microwave pulses by humans and animals: effects, mechanism, and thresholds. Health Phys. 92(6): 621 - 628
VögelEinklappen / Ausklappen
Im Umkreis von Mobilfunk-Basisstationen wurde in Berichten aus Spanien und Belgien eine Abnahme und ein geringerer Bruterfolg von Spatzen [1, 2] sowie ebenfalls in Spanien eine verminderte Reproduktionsfähigkeit von Weißstörchen [3] beschrieben. In Deutschland wurden von den Landesbehörden für Umweltschutz und von den Vogelwarten keine vergleichbaren Beobachtungen gemeldet. Im Gegenteil, bundesweit lässt sich beobachten, dass Störche ihre Nester auf Mobilfunk-Sendemasten bauen und dort erfolgreich Junge aufziehen. In Zusammenarbeit mit Vodafone hat die Initiative "Artenschutz im Steigerwald" ab 2006 Nistkästen für Turmfalken an Mobilfunk-Sendemasten installiert. Sie werden von den Vögeln gut angenommen, der Bruterfolg ist gut und die Küken weisen keine Beeinträchtigungen auf.
Orientierung von Zugvögeln
Vögel können das Erdmagnetfeld wahrnehmen und sich danach orientieren. Das zugehörige Sinnesorgan ist in der Netzhaut lokalisiert und basiert auf einer Reaktion von Radikal-Paaren[4]. Diese Reaktion kann unter Laborbedingungen durch schwache Wechselfelder im Frequenzbereich von 0,1 bis 10 Megahertz gestört werden. Frequenzen über 25 Megahertz, wie sie für den Mobilfunk verwendet werden, interferieren mit diesem System nicht [5].
Studien der Universität Oldenburg [6, 7, 8] haben gezeigt, dass bei Zugvögeln der Magnetsinn bereits durch sehr schwache (einige Nanotesla) breitbandige (50 kHz bis 5 MHz) hochfrequente Felder gestört werden kann. Dieser Frequenzbereich betrifft weder Stromleitungen noch Mobilfunk, sondern ausschließlich Felder starker Radiosender und Hintergrundfelder in städtischen Bereichen, die von elektrischen und elektronischen Geräten ausgehen. Generelle Störungen des Vogelzugs sind aufgrund dieser Ergebnisse nicht zu erwarten, könnten aber ausnahmsweise dann auftreten, wenn sich Vögel bei extrem schlechtem Wetter nicht nach Sonne, Sternen oder Landmarken orientieren können und sich gleichzeitig in der Nähe entsprechender Feldquellen befinden. Freilanduntersuchungen zu diesem Thema liegen bisher nicht vor.
Literatur
[1] Everaert J, Bauwens D (2007) A possible effect of electromagnetic radiation from mobile phone base stations on the number of breeding house sparrows (Passer domesticus). Biol. Med. 26(1): 63 - 72
[2] Balmori A, Hallberg O (2007) The urban decline of the house sparrow (Passer domesticus): a possible link with electromagnetic radiation. Electromagn. Biol. Med. 26(2): 141 - 151
[3] Balmori, A. (2005). Possible effects of electromagnetic fields from phone masts on a population of White Stork (Ciconia ciconia). Electromag. Biol. Med. 24(2): 109 – 119
[4] Hore P, Mouritsen H. (2022) The quantum nature of bird migration. Scientific American: 326(4):27 - 31.
[5] Hiscock HG, Mouritsen H, Manolopoulos DE, Hore P (2017) Disruption of magnetic compass orientation in migratory birds by radiofrequency electromagnetic fields. Biophys J 113:1475-1484.
[6] Engels S, Schneider NL, Lefeldt N, Hein CM, Zapka M, Michalik A, Elbers D, Kittel A, Hore PJ, Mouritsen H (2014) Anthropogenic electromagnetic noise disrupts magnetic compass orientation in a migratory bird. Nature doi: 10.1038/nature13290.
[7] Schwarze S, Schneider NL, Reichl T, Dreyer D, Lefeldt N, Engels S, Baker N, Hore PJ, Mouritsen H (2016). Weak Broadband Electromagnetic Fields are More Disruptive to Magnetic Compass Orientation in a Night-Migratory Songbird (Erithacus rubecula) than Strong Narrow-Band Fields. Front Behav Neurosci. 10: 55.
[8] Kobylkov D, Wynn J, Winklhofer M, Chetverikova R, X, J, Hiscock H, Hore PJ, Mouritsen H. (2019) Electromagnetic 0.1-100 kHz noise does not disrupt orientation in a night-migrating songbird implying a spin coherence lifetime of less than 10 µs. J R Soc Interface 16:20190716.
Insekten allgemeinEinklappen / Ausklappen
Ein deutschsprachiger Übersichtsartikel zu Wirkungen von elektromagnetischen Feldern auf Insekten [1] schlussfolgert aus der Tatsache, dass die Mehrzahl der gesichteten Studien einen Effekt zeigt, dass elektromagnetische Felder einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Vitalität der Insektenpopulationen haben könnten. Es werden eine Vielzahl von angeblich schädigenden Effekten genannt. Viele davon sind biologische Wirkungen, die im Bereich des Verhaltens nicht zwingend schädlich sein müssen. Andere treten nur in Frequenzbereichen auf, die nicht dem Mobilfunk zuzuordnen sind. Für einen Nachweis eines tatsächlich ursächlichen Zusammenhangs müssten mehrere Studien von hoher Qualität übereinstimmend diesen Zusammenhang zwischen EMF und den genannten schädigenden Wirkungen gezeigt haben. Der Autor gibt selbst zu, dass eine Replikation der Studien meist nicht stattfand. Unklar ist auch wie in dem Review die Qualität der Einzelstudien bewertet wurde. Der Autor trennt zwar Studien anhand von Qualitätskriterien, nennt diese aber nicht. Verblindung und die Verwendung einer gut definierten Expositionsanlage waren offensichtlich keine relevanten Kriterien, da überwiegend Studien eingeschlossen wurden, die herkömmliche Geräte zur Exposition verwendeten. Solche Studien sind dann in ihrer Aussagekraft beschränkt und können wenig zur Bewertung eines ursächlichen Zusammenhangs beitragen. Der Autor unterscheidet auch nicht durchgehend zwischen Wirkungen und Wirkmechanismen, die bei statischen und niederfrequenten Feldern dokumentiert sind (Wahrnehmung, Verhalten, Orientierung nach dem Erdmagnetfeld) und Wirkungen hochfrequenter Felder.
Eine weitere Übersichtsarbeit [2] fokussiert auf die mögliche Beteiligung hochfrequenter elektromagnetischer Felder des Mobilfunks am Insektensterben und warnt vor der Einführung von 5G. Der Autor fasst die vorliegende Fachliteratur zu Wirkungen elektrischer, magnetischer und elektromagnetischer Felder auf Insekten umfassend zusammen. Auf die Qualität einzelner Publikationen geht er nicht ein und nimmt keine Qualitätsbewertung vor. Er zitiert die einzelnen Arbeiten selektiv, tendenziös und ungenau. Aus Arbeiten, die ausschließlich an Ameisen durchgeführt wurden, schlussfolgert er auf Bienensterben. Es wird eine ganze Reihe von Untersuchungen an Bienen und Ameisen mit Endgeräten wie DECT, WLAN und Handys als Argument für die Schädlichkeit von Basisstationen im Freiland aufgeführt. Hinweise aus dem Bereich niederfrequenter und hochfrequenter Felder unterhalb und oberhalb der Grenzwerte werden gemischt dargestellt. Aus bekannten Wirkungen und Wirkmechanismen niederfrequenter Felder, schlussfolgert der Autor, dass es bei Hochfrequenz ebenfalls nicht-thermische Wirkungen gibt und diese schädlich sind. Daraus werden schließlich Argumente gegen 5G abgeleitet. Diese Art von Argumentation entspricht nicht den wissenschaftlichen Standards und ist irreführend.
Die beiden genannten Arbeiten über Insekten stehen im Widerspruch zu einer anderen Übersichtsarbeit speziell über Auswirkungen anthropogener Felder aller Frequenzbereiche auf bestäubende Insekten [3]. Es wurde gezeigt, dass es sehr wenige Studien mit guter Qualität gibt. Diese zeigen, dass vor allem nächtliche Beleuchtung negative Wirkungen auf die Insektenpopulationen hat. Weiterhin ergab sich aus Laborstudien, dass niederfrequente Magnetfelder, wie zum Beispiel von Stromleitungen, die Orientierung und das Lernvermögen von Bienen beeinträchtigen könnten. Studien zu hochfrequenten Feldern erbrachten ambivalente Ergebnisse, je nach Lokalität und Art wurden positive und negative Effekte beobachtet.
Das aktuell viel diskutierte Insektensterben [4] hat bereits Anfang der 90er Jahre, vor dem flächendeckenden Ausbau des Mobilfunks, begonnen. Deswegen kommt Mobilfunk als eine wesentliche Ursache nicht in Frage.
Es gibt bisher nur eine experimentelle Freilandstudie zum Einfluss elektromagnetischer Felder einer Mobilfunk-Basisstation auf verschiedene Arten von Insekten [5] (Springschwänze, räuberische Wanzen, parasitische Wespen, Fruchtfliegen). Die Tiere wurden in unterschiedlichen Entfernungen vom Sender exponiert, Kontrolltiere in Metallbehältern abgeschirmt. Die Leistungsflussdichte erreichte maximal ein Tausendstel des Grenzwertes. Die Reproduktionsfähigkeit der Insekten war unter diesen Versuchsbedingungen nicht beeinflusst.
Die geringe Körpergröße von Insekten führt auch dazu, dass bei den für den Mobilfunk genutzten Frequenzen relativ wenig Energie aufgenommen wird. Erst oberhalb von 6 GHz, und vor allem bei 12 – 24 GHz, steigt die Energieabsorption [6]. Dies ist vor allem im Zusammenhang mit den höheren zukünftig für 5G geplanten Frequenzen relevant.
Starke hochfrequente elektromagnetische Felder (weit oberhalb der Grenzwerte) können genutzt werden, um Holzschädlinge abzutöten [7]. Damit kann auf giftige Chemikalien verzichtet und die Umwelt geschont werden.
Literatur
[1] Thill, A (2020). Review - Biologische Wirkungen elektromagnetischer Felder auf Insekten. Umwelt Medizin Gesellschaft 3 (Sonderbeilage): 28.
[2] Balmori, A (2021). Electromagnetic radiation as an emerging driver factor for the decline of insects. Science of The Total Environment 767: 144913.
[3] Vanbergen AJ, Potts SG, Vian A, Malkemper EP, Young J, Tscheulin T (2019). Risk to pollinators from anthropogenic electro-magnetic radiation (EMR): Evidence and knowledge gaps. Sci Total Environ 695: 133833.
[4] Hallmann CA, Sorg M, Jongejans E, Siepel H, Hofland N, Schwan H, Stenmans W, Muller A, Sumser H, Horren T, Goulson D, de Kroon H (2017). More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLoS One 12(10): e0185809.
[5] Vijver MG, Bolte JF, Evans TR, Tamis WL, Peijnenburg WJ, Musters CJ, de Snoo GR. (2014) Investigating short-term exposure to electromagnetic fields on reproductive capacity of invertebrates in the field situation. Electromagn Biol Med. 33(1): 21 - 28
[6] Thielens A, Bell D, Mortimore DB, Greco MK, Martens L, Joseph W (2018). Exposure of Insects to Radio-Frequency Electromagnetic Fields from 2 to 120 GHz. Sci Rep 8(1): 3924
[7] Kraus, M, Holzer, F, Hoyer, C, Trommler, U, Kopinke, F-D, Roland, U (2018). Chemical-free pest control by means of dielectric heating with radio waves: Selective heating. Chemical Engineering & Technology 41(1): 116-123.
BienenEinklappen / Ausklappen
Die erste Studie zu einem möglichen Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf die Orientierung von Bienen stammt bereits aus den achtziger Jahren[1]. Es wurden 6000 einzelne Bienen markiert. Diese wurden dann exponiert oder scheinexponiert und ihr Orientierungsverhalten wurde beobachtet. Es konnte kein signifikanter Einfluss der Exposition auf die Orientierung von Bienen festgestellt werden, aus beiden Gruppen kehrten jeweils ca. 80 % zurück.
Untersuchungen an der Universität Koblenz
An der Universität Koblenz wurde das Rückkehrverhalten von Bienen unter dem Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder in einer Pilotstudie (2005) und einer Folgestudie (2006) untersucht. Zur Exposition diente eine unter dem Bienenstock angebrachte DECT-Basisstation. Dies ist eine unrealistische Situation, aus der direkte Schlüsse über Auswirkungen von Mobilfunk-Basisstationen nicht gezogen werden können.
Die Pilotstudie zeigte bei den exponierten Bienen einen signifikant höheren Verlust an zurückkehrenden Tieren als bei den nicht exponierten Bienen. In der Folgestudie[2] wurde die Zahl der Bienenstöcke erhöht, die in der Pilotstudie gefundene Tendenz wurde zwar bestätigt, die Ergebnisse waren aber nicht signifikant. Es kehrten etwa 60 % der nicht exponierten und 50 % der exponierten Bienen zurück. Auf eine drastische Störung der Orientierung von Bienen durch hochfrequente elektromagnetische Felder kann aus diesen Studien nicht geschlossen werden.
Wirkungen auf Bienenköniginnen
An der Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Stuttgart-Hohenheim wurde die Wirkung einer Handy-Exposition auf die Entwicklung von Bienenköniginnen untersucht. Die Larvalentwicklung blieb unbeeinflusst, die Sterblichkeit der Puppen war aber erhöht. Die geschlüpften Bienenköniginnen hatten einen normalen Paarungserfolg und ihre Fähigkeit, gesunde Kolonien zu gründen, war nicht beeinflusst [3].
Untersuchungen in der Schweiz
Ebenfalls eine Exposition mit einem Mobiltelefon wählte ein Schweizer Wissenschaftler in seiner Pilotstudie [4]. Er exponierte Bienenstöcke mit Mobiltelefonen, die entweder miteinander hörbar kommunizierten, im standby-Modus oder ausgeschaltet waren. Ausschließlich im Sprechmodus reagierten die Bienen mit Pieptönen, wie zum Beispiel vor dem Ausschwärmen oder bei Störungen. Der Autor führt die Reaktion auf hochfrequente elektromagnetische Felder zurück und wertet sie als eine erhebliche Störung.
In einer Folgestudie[5] vom selben Autor wurde zur Exposition eine Anlage verwendet, die vorhandene elektromagnetische Felder von Basisstationen verstärkt hat, um damit Bienenstöcke zu befelden. Ziel war es, diese Methode anderen Wissenschaftlern für Wiederholungsversuche vorzuschlagen. Untersucht wurden als Beispiel fünf Bienenstöcke mit ähnlichen Ergebnissen wie in der Pilotstudie.
Beide Studien weisen erhebliche methodische Mängel auf und ermöglichen keine belastbaren Aussagen.
Freilandstudie in Griechenland
Auf den griechischen Inseln wurde die einzige Freilandstudie[6] zum Vorkommen von Bienen und anderen Bestäubern durchgeführt. In unterschiedlichen Entfernungen von Basisstationen wurde die Feldstärke gemessen und das Vorkommen von Blumen und deren Bestäubern (Bienen, Wespen, Fliegen) bestimmt. Der Zusammenhang war komplex, einige Arten nahmen mit steigender Feldstärke signifikant zu, andere ab. Die Anzahl der Bienen stieg im Allgemeinen mit der Feldstärke an, allerdings betraf diese Beobachtung vor allem Arten, die ihre Nester unterirdisch bauen und dort vor elektromagnetischen Feldern geschützt sind. Die Anzahl der Wespen und Schwebfliegen sank mit der Feldstärke, die Anzahl der Hummelfliegen stieg an. Die Artenvielfalt änderte sich nicht. Ob die beobachteten Zusammenhänge kausal sind, bleibt offen. Eine allgemeine schädliche Auswirkung elektromagnetischer Felder auf Bienen oder andere Insekten kann aus diesen Ergebnissen nicht abgeleitet werden.
Energieabsorption bei hohen Frequenzen
Ähnlich wie bei anderen Insekten steigt die Energieabsorption bei Bienen mit steigender Frequenz und sinkender Wellenlänge der hochfrequenten Felder infolge von Resonanzeffekten. Berechnungen an unterschiedlichen Bienenarten für den Frequenzbereich 0,6 – 120 GHz haben gezeigt, dass es vor allem oberhalb von 3 GHz einen starken Anstieg der Energieabsorption gibt. Oberhalb von 6 - 12GHz bleibt sie dann auf erhöhtem Niveau, steigt aber nicht weiter. Bei einer realistischen Exposition mit einer elektrischen Feldstärke von 1 V/m wird die Leistung von einigen Nanowatt absorbiert. Der thermische Bereich wird nicht erreicht [7].
Ursachen des Bienensterbens
Insgesamt ist davon auszugehen, dass das in der letzten Zeit in den Schlagzeilen oft erwähnte Bienensterben mit vielen Einflussfaktoren zu tun hat. Hier sind Krankheiten, Parasiten wie die bekannte Varroa Milbe, und auch Pestizide, die das Nervensystem von Insekten schädigen, zu nennen. Elektromagnetische Felder von Basisstationen spielen dagegen beim Bienensterben keine Rolle. In Großstädten, die besonders gut mit Mobilfunk versorgt sind, breiten sich Bienen zunehmend aus und gedeihen besser als in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten.
Literatur
[1] Gary NE, Westerdahl BB (1981) Flight, orientation, and homing abilities of honeybees following exposure to 2.45-GHz CW microwaves. Bioelectromagnetics 28(1): 71 – 75.
[2] Kimmel S, Kuhn J, Harst W, Stever H. Electromagnetic radiation: Influences on honeybees (Apis mellifera). IIAS - InterSymp Conference, Baden-Baden; 2007.
[3] Odemer R, Odemer F (2019). Effects of radiofrequency electromagnetic radiation (RF-EMF) on honey bee queen development and mating success. Sci Total Environ 661: 553-562.
[4] Favre D (2011) Mobile phone-induced honeybee worker piping. Apidologie 4(3): 270 - 279.
[5] Favre D (2017). Disturbing Honeybees’ Behavior with Electromagnetic Waves: a Methodology. Journal of Behavior 2(2).
[6] Lázaro A, Chroni A, Tscheulin T, Devalez J, Matsoukas C, Petanidou T (2016). Electromagnetic radiation of mobile telecommunication antennas affects the abundance and composition of wild pollinators. Journal of Insect Conservation 20(2): 315-324.
[7] Thielens, A, Greco, MK, Verloock, L, Martens, L, Joseph, W (2020). Radio-frequency electromagnetic field exposure of western honey bees. Sci Rep 10(1): 461.
WaldbäumeEinklappen / Ausklappen
Es liegen einige Studien vor, die sich mit möglichen negativen Effekten hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Waldbäume befassten. In mehreren in der Schweiz durchgeführten systematischen Langzeituntersuchungen um Radio- und Fernsehsender [1, 2] beziehungsweise unter mehrjähriger Exposition mit 2450 Megahertz bei Leistungsflussdichten von 0,007 bis 300 Watt pro Quadratmeter [3] konnten keine negativen Einflüsse auf Fichten, Tannen, Föhren und Buchen festgestellt werden. Um den litauischen Radarsender in Skrunda wurde eine Verminderung des Dickenwachstums bei Kiefern beobachtet [4]. Eine Beobachtungsstudie aus den USA zeigte bei jungen Pappeln verbessertes Wachstum wenn elektromagnetische Felder abgeschirmt wurden [5].
Studie zum Einfluss von Radarstrahlung auf Buchen und Fichten
Im Rahmen einer dreijährigen Studie [6] wurde die Wirkung elektromagnetischer Felder auf Buche und Fichte geprüft. Dazu wurden während der Vegetationsperioden ganze Kronenbereiche einer definierten Bestrahlung durch Radar ausgesetzt. Es zeigte sich keine Wirkung auf die Versuchsbäume.
Unter den gegebenen Bedingungen stellen elektromagnetische Felder kein offensichtliches Schädigungsrisiko für Waldbäume dar. Die Sendeleistung von Mobilfunk-Basisstationen ist wesentlich geringer als diejenige der hier untersuchten starken Sender. Deswegen ist in ihrer Umgebung kein negativer Einfluss elektromagnetischer Felder auf Pflanzen zu erwarten.
Baumschäden um Basisstationen
Dem gegenüber wurde über geschädigte Bäume in der Nähe von Mobilfunk-Basisstationen berichtet[7]. Es wurden 620 Standorte besichtigt, sechs konkrete Beispiele sind in der Publikation dokumentiert.
Für eine weitere, ausführlichere Publikation[8] wurden im Zeitraum 2006 – 2015 Bäume in Bamberg und Hallstadt beobachtet. Im Jahr 2015 wurden auch quantitative Daten erhoben. Es wurden 60 einseitig geschädigte exponierte Bäume mit Sicht zu einer Basisstation und 30 nicht exponierte gesunde Bäume ausgewählt. Lediglich 30 Bäume wurden zufällig ausgewählt. Messungen zeigten an der geschädigten Baumseite eine höhere Exposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern als an der anderen Seite oder an gesunden Bäumen. Alle Messwerte für die hochfrequenten elektromagnetischen Felder lagen weit unterhalb der Grenzwerte.
Die Ursache für einseitige Schäden an Bäumen muss nicht unbedingt eine Basisstation sein. Möglich sind auch andere wie zum Beispiel klimatische Faktoren, die zwar diskutiert wurden aber nicht vollständig ausgeschlossen werden konnten. Ein qualitativer Mangel ist die selektive und nicht ausschließlich zufällige Auswahl der Bäume. Die vorgestellte Beobachtungsstudie kann einen zeitlichen und räumlichen, aber keinen ursächlichen Zusammenhang nachweisen.
Erhebungen zum Waldzustand
Der Zustand der Wälder wird in regelmäßigen Abständen von Fachleuten überprüft und in Berichten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zum Waldzustand dargestellt. Die Erhebungen werden seit 1984 jährlich durchgeführt. Ein deutlicher Trend zur Verschlechterung des Zustands der Laubbäume - sichtbar anhand der Kronenverlichtung - ist erkennbar, hat aber bereits vor der Einführung des Mobilfunks begonnen. Die größte Rolle spielt aktuell der Klimawandel.
Literatur
[1] Joos K, Masumy SA, Schweingruber FH, Stäger C (1988) Untersuchung über mögliche Einflüsse hochfrequenter elektromagnetischer Wellen auf den Wald. Techn. Mitt PTT 1: 1 - 23
[2] Stäger C 1989 Felduntersuchung über eventuelle Schadenwirkungen von Mikrowellen auf den Wald. Techn. Mitt. PTT 67: 517 - 526.
[3] Schmutz P, Siegenthaler J, Stäger C, Trajan D, Bucher JB (1994) Long-term exposure of young spruce and beech trees to 2450 MHz microwave radiation. Science of the Total Environment 180(1):43 - 48
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Laborstudien an PflanzenEinklappen / Ausklappen
In einer Übersichtsarbeit über Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder speziell auf Pflanzen [1] werden positive und negative Einflüsse vor allem auf Keimung und Wachstum beschrieben, die von Frequenz, Modulation und Leistungsflussdichte sowie Pflanzenart und Wachstumsstadium abhängen. Insgesamt ist die Datenlage widersprüchlich und unzureichend, um allgemeingültige Schlüsse ziehen zu können.
Eine weitere Übersichtsarbeit zu Pflanzen [2] stellt fest, dass vielfältige und häufig widersprüchliche Einflüsse hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Metabolismus, die Genexpression und das Wachstum von Pflanzen beschrieben wurden, die stark von Frequenz und Expositionsintensität abhängen. Die Verfasser schlagen vor, hochfrequente Felder als nicht schädlichen Umweltfaktor zu betrachten, der den Pflanzenmetabolismus beeinflussen kann.
Eine weitere Übersichtsarbeit [3] analysiert 45 experimentelle Studien an Pflanzen aus den Jahren 1996 – 2016, die in Zeitschriften mit einem Peer-review-Verfahren veröffentlicht wurden. Die Qualität der Exposition wurde nicht bewertet. Die meisten Studien zeigten einen Einfluss elektromagnetischer Felder auf physiologische und morphologische Parameter von Pflanzen. Einige Arten, wie Mais, Malve, Erbsen, Klee, Entengrütze, Tomaten, Zwiebeln und Bohnen, erwiesen sich als besonders empfindlich gegenüber Feldern.
Die aktuellste Übersichtsarbeit über Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Pflanzen [4] verspricht eine kritische Bewertung der Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf Pflanzen, nennt aber die Auswahlkriterien und die angewendeten qualitativen Maßstäbe nicht. Es wird klar dargestellt, dass die Energie hochfrequenter Felder nicht ausreicht, um das Erbgut direkt zu schädigen. Trotzdem wurden in Studien mehrfach Veränderungen der Genexpression und Einflüsse auf die Zellteilung beobachtet. Als Wirkmechanismen werden Wirkungen auf den Kalziumhaushalt und reaktive Sauerstoffspezies genannt. Ebenfalls werden epigenetische Wirkungen vermutet. Wie es biophysikalisch zu diesen Wirkungen kommt, bleibt unklar und muss weiter untersucht werden. Es wird auch auf die Problematik der Dosimetrie und Expositionsbestimmung bei Pflanzen eingegangen. Durch große Oberfläche im Verhältnis zum Volumen sowie unzureichende Kenntnisse dielektrischer Eigenschaften von Pflanzen ist es schwierig, den SAR-Wert korrekt zu bestimmen. Die Reaktionen der Pflanzen werden als zweistufig beschrieben – zunächst erfolgt eine schnelle Reaktion, die Genexpression und Metabolismus betrifft. Später können, müssen aber nicht, Veränderungen des Wachstums auftreten. Insgesamt können die Wirkungen auf Pflanzen positiv oder negativ ausfallen und werden im Vergleich zu anderen Umwelteinflüssen als eher gering eingeschätzt.
Untersuchungen aus Frankreich
Eine französische Arbeitsgruppe der Universität Angres beschäftigt sich bereits seit 15 Jahren mit den Wirkungen kurzfristiger Expositionen mit hochfrequenten Feldern auf Pflanzen. Bei Tomaten wurde nach einer GSM Exposition eine erhöhte Expression bestimmter Botenstoffe sowie Veränderungen im Energiemetabolismus und Genexpression gefunden, die als Stressreaktion gewertet werden können [5, 6]. Derartige Reaktionen bedeuten zwar eine Belastung der Pflanzen, sind aber physiologisch normal und für das Überleben der Pflanzen nicht bedrohlich. Die Reaktionen sind systemisch, das bedeutet, die gesamt Pflanze reagiert auch wenn zum Beispiel nur einige Blätter exponiert wurden [7]. Dies ähnelt der Reaktion auf Fraß durch Schädlinge, es sind auch dieselben Botenstoffe beteiligt. Um längerfristige Wirkungen zu beobachten, hat dieselbe Arbeitsgruppe Rosen untersucht [8]. Bereits bestehende Triebe wurde durch GSM nicht beeinflusst, wurden aber sich entwickelnde Knospen exponiert, kam es zu einer Wachstumsreduktion.
Untersuchungen zum Erbgut
Die Genexpression in pflanzlichen Zellkulturen (Acker-Schmalwand, Arabidopsis thaliana) wurde unter dem Einfluss von UMTS untersucht [9]. Aus dem gesamten Genom der Pflanze haben einige wenige Gene, die an Reaktionen auf Licht beteiligt sind, ihre Expression erhöht. Schwerwiegende physiologische Konsequenzen erwarten die Autoren aufgrund dieser Ergebnisse nicht. Eine indische Arbeitsgruppe beobachtete bei Zwiebeln unter dem Einfluss von Mobilfunkfeldern reduziertes Wurzelwachstum und Wirkungen auf das Erbgut in den Wurzeln [10, 11]. Eine indische Studie an Reis in einer Hochfrequenz-Epositionskammer zeigte eine reduzierte Keimungsrate begleitet von einer Hochregulation von bestimmten Genen und Pigmenten, was als Stressreaktion interpretiert wurde [12].
Fazit
Insgesamt zeigt die Mehrzahl der Studien an Pflanzen physiologische Wirkungen elektromagnetischer Felder. Viele davon sind widersprüchlich und nicht unabhängig reproduziert. Die Wirkmechanismen bleiben unklar. Die beobachteten Wirkungen entsprechen häufig einer leichten Stressreaktion und sind im Vergleich zu anderen Umwelteinflüssen geringfügig. Es ist notwendig die vorliegenden Ergebnisse einwandfrei zu bestätigen und die zugrundeliegenden Wirkmechanismen aufzuklären.
Literatur
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Mögliche Auswirkungen niederfrequenter und statischer elektrischer und magnetischer Felder
Im Zusammenhang mit dem Stromnetzausbau werden häufig Fragen nach schädlichen Auswirkungen niederfrequenter und statischer elektrischer und magnetischer Felder auf Tiere und Pflanzen an das BfS gerichtet.
Nach dem derzeitigen Kenntnisstand gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch niederfrequente und statische Felder unterhalb der Grenzwerte. Allerdings sind direkte Wirkungen der Elektrizität wie beispielsweise Stromschläge dann möglich, wenn Tiere in Kontakt mit den Leitern kommen, wie zum Beispiel Vögel an ungünstig konstruierten Strommasten. Bei Tierarten, die das Erdmagnetfeld wahrnehmen und sich danach orientieren, kann es in unmittelbarer Nähe von Starkstromleitungen zu Verhaltensänderungen kommen. Wahrnehmung elektrischer Felder zum Beispiel durch Insekten kann ebenfalls das Verhalten beeinflussen.
Die elektrischen und magnetischen Felder um Kabel im Meeresgrund, die den Strom von den Windparks im Meer zum Land transportieren (Offshore-Kabel) haben nach dem derzeitigen Kenntnisstand ebenfalls keinen direkten gesundheitsschädlichen Einfluss auf Meereslebewesen. Sie können aber das Verhalten bestimmter Tierarten beeinflussen.
Wissenschaftlicher Kenntnisstand zu möglichen Auswirkungen niederfrequenter und statischer elektrischer und magnetischer Felder auf die belebte Umwelt - Zusammenfassung und Bewertung
ÜbersichtsarbeitenEinklappen / Ausklappen
Im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau von Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen hat die RWTH Aachen zwei Übersichtsarbeiten zu Wirkungen statischer elektrischer Felder auf Lebewesen und Pflanzen [1, 2] veröffentlicht.
Es wurden acht Humanstudien und 40 Studien an Säugetieren analysiert [1]. Da elektrische Felder nicht in den Körper eindringen, sind akute gesundheitsrelevante Wirkungen nicht zu erwarten und wurden auch nicht gefunden. Generell zeigte sich, dass Menschen und Tiere starke elektrische Felder über bestimmten Schwellenwerten mittels Behaarung wahrnehmen können und dann in der Folge auch entsprechend physiologisch oder im Verhalten reagieren. Einige Studien zu physiologischen Reaktionen waren von unzureichender Qualität. Wahrnehmungsschwellen von Menschen sind bei einer Ganzkörperexposition immer niedriger (etwa 20 kV/m) als bei einer Teilkörperexposition. Zu Wahrnehmungsschwellen ist weitere Forschung nötig.
Im zweiten Teil der Studie[2] wurden 14 Publikationen zu wirbellosen Tieren und 19 Studien an Pflanzen analysiert, die den Qualitätskriterien entsprachen. Es wurden keine negativen physiologischen und gesundheitlich relevanten Einflüsse auf niedere Tiere und Pflanzen bei Feldstärken, wie sie unter Stromleitungen zu erwarten sind (< 35 kV/m), beschrieben. Wirbellose reagierten im Verhalten auf statische elektrische Felder. Bei wesentlich höheren Feldstärken kam es zu negativen Auswirkungen. Studien mit verbesserter Qualität sind notwendig, um Wirkungen von Feldern, Korona-Ionen, Ionenströmen, Ozon und Stickoxid unterschieden zu können.
Eine weitere Übersichtsarbeit[3] beschreibt ökologische Aspekte der Elektrizität. Es werden natürlich vorkommende elektrische Felder und Aufladungen sowie die entsprechenden Reaktionen und Wahrnehmungen von Tieren beschrieben. Die Autoren gehen auf die Rolle elektrischer Felder bei Orientierung, Kommunikation, Beutesuche, Bestäubung und Ausbreitung einiger Tierarten ein. Die Funktionsweise von Sinnesorganen, die bei Haien und Rochen, elektrischen Fischen, Insekten und anderen Wirbellosen der Wahrnehmung elektrischer Felder dienen, wird erläutert. Mögliche Wirkungen anthropogener elektrischer Felder werden nur kurz angesprochen, vor allem im Zusammenhang mit Meerestieren und Insekten. Es ist aber selbstverständlich, dass überall dort, wo Tiere natürliche elektrische Felder wahrnehmen und zur Orientierung und Kommunikation nutzen, anthropogene Felder zu Störungen dieser Verhaltensweisen führen können.
Literatur
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SäugetiereEinklappen / Ausklappen
Unter den Säugetieren haben Nagetiere (zum Beispiel Nacktmulle [1] und Blindmulle [2]) und Fledermäuse [3, 4] die Fähigkeit, sich nach dem Erdmagnetfeld zu orientieren. Eine mögliche Störung dieser Orientierung durch künstliche statische oder niederfrequente Felder wurde bislang nicht untersucht. Bei anderen Säugetieren wurde ein Magnetsinn bisher nicht eindeutig nachgewiesen, wird aber von einigen Arbeitsgruppen erforscht. Bei Tieren, die sich wie die o.g. Arten in Dunkelheit Orientieren, geht man davon aus, dass der Magnetorezeption das Mineral Magnetit zugrunde liegt. Ein entsprechendes Sinnesorgan wurde bisher nicht entdeckt.
Bei einigen oberirdisch lebenden Nagetieren mit gutem Sehvermögen, wie der Waldmaus [5] und der Hausmaus [6], wurde ebenfalls ein Magnetsinn beschrieben. Als möglicher Wahrnehmungsmechanismus wird vorgeschlagen, dass der Blaulichtrezeptor Cryptochrome, der sich in der Netzhaut von Säugetieren befindet, durch Magnetfelder aktiviert wird [7]. Ein ähnlicher Weg ist bei Vögeln bereits gut beschrieben, bei Säugetieren aber bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Aktuelle Experimente an Nagetieren sprechen aber dafür, dass auch bei Säugetieren die Wahrnehmung statischer Magnetfelder in den Augen stattfindet [8]. Ähnlich wie bei Vögeln wird dieser Mechanismus durch hochfrequente elektromagnetische Felder mit Frequenzen unterhalb von 100 MHz gestört [9].
Auch bei weiteren Säugetieren gibt es Hinweise auf einen Magnetsinn. Aufgrund von Satellitenbildern wurde beobachtet, dass sich Wiederkäuer wie zum Beispiel Rinder und Rehe im Freien bevorzugt in Nord-Süd-Richtung ausrichten [10]. Die bevorzugte Ausrichtung war bei Rindern in der Nähe von Hochspannungsleitungen gestört [11]. Anhand von Freilandbeobachtungen wurde ein ähnliches Verhalten bei Wildschweinen und afrikanischen Warzenschweinen beschrieben [12]. Aus den genannten Beobachtungen schließen die Autoren, dass alle Huftiere Magnetfelder wahrnehmen können. Als Folge davon könnte ihr Verhalten durch die Magnetfelder von Hochspannungsleitungen beeinflusst werden. Alle diese Studien sind aber Beobachtungsstudien, die kein mögliches Sinnesorgan oder einen Mechanismus zur Wahrnehmung von Magnetfeldern angeben.
Es ist gelungen, Hunde zu trainieren einen Magneten zu finden [13]. Das Experiment wurde verblindet durchgeführt und die Nutzung anderer Sinnesorgane weitestgehend ausgeschlossen. Freilandexperimente mit automatisierten Ortungssystemen bei Hunde haben gezeigt, dass sie das Magnetfeld nutzen, um von unbekannten Orten zurück zum Ausgangspunkt zu finden [14].
In allen beschrieben Bereichen wird intensiv geforscht. Der genaue biophysikalische Mechanismus und die entsprechenden neuronalen Signalwege sind aber unbekannt, obwohl es plausible Hypothesen gibt.
Literatur
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VögelEinklappen / Ausklappen
Wenn Wildvögel im Zusammenhang mit der Stromversorgung erwähnt werden, geht es nicht um den Einfluss niederfrequenter elektrischer und magnetischer Felder. Vielmehr geht es darum, dass sie im Flug mit Windkrafträdern, Starkstromleitungen und deren Masten kollidieren und zu Tode kommen können. Gegen Vogelschlag an Stromleitungen werden seit Jahren sichtbare Vogelschutzmarkierungen an den Leiterseilen verwendet. Die Wirksamkeit wurde für viele Arten nachgewiesen [1].
Auf Mittelspannungsmasten mit geringen Abständen zwischen dem Mast und seinen Leitungsdrähten können vor allem große Vogelarten wie Greifvögel, Eulen und Störche leicht einen Kurzschluss auslösen und einen tödlichen Stromschlag erleiden. Andererseits nutzen Vögel Stromleitungen als sicheren Sitzplatz und viele Arten, unter anderem Störche und Greifvögel, nisten gern auf Strommasten. Dabei sind sie niederfrequenten Feldern ausgesetzt. Deren Auswirkungen wurden bisher im Freiland nur in einigen wenigen Studien untersucht.
Eine aktuelle Übersichtsarbeit [2] vergleicht negative und positive Einflüsse von Stromleitungen auf Vogelpopulationen. Die größte Gefahr droht durch Kollisionen und Stromschläge. Ihre Häufigkeit hängt von der Größe und dem Verhalten der jeweiligen Vogelart sowie vom Wetter und von technischen Parametern der Strommasten ab. Ein weiterer negativer Faktor ist ein reduzierter Bruterfolg. Dieser wird teilweise Magnetfeldern zugeschrieben, aber auch der Tatsache, dass Nester auf Strommasten häufig stärker Witterungseinflüssen (Starkregen, Wind, Sonne) ausgesetzt sind als Nester auf Bäumen im Wald. Ein weiterer negativer Faktor ist die Barrierefunktion infolge der Sichtbarkeit der Stromleitungen und der Entfernung der Vegetation unterhalb der Stromleitungen. Demgegenüber haben Stromleitungen auch positive Auswirkungen auf Vogelpopulationen. Vielen Arten dienen sie als Sitz- und Ruheplätze mit guter Übersicht, ob sich z.B. ein Feind nähert oder Nahrung sichtbar ist oder als Sammelstellen für Vogelschwärme. Viele Vogelarten brüten erfolgreich auf Strommasten. Stromleitungen können Vögeln auch als lineare Landmarken zur Orientierung dienen.
Eine weitere Übersichtsarbeit [3] beschreibt Änderungen im Verhalten, in der Reproduktion und im Wachstum bei einigen Arten von Greifvögeln und Singvögeln, die in der Nähe von Stromleitungen brüten. Die Effekte sind nicht einheitlich und bedeuten insgesamt keinen konsistenten negativen Einfluss der Stromleitungen auf den Bruterfolg.
Im Süden Portugals wurden in den Jahren 2003 – 2006 die Populationsdichte und das Brutverhalten von Zwergtrappen im Zusammenhang mit dem Landschaftsbild untersucht. Als wichtiger Einflussfaktor, der das Vorkommen der Trappen deutlich beeinträchtigt, erwiesen sich Starkstromleitungen. Ursächlich sind hier nicht Magnetfelder, sondern das Zerstückeln der sonst offenen Steppenlandschaft [4].
Eine Arbeit an Falken [5], die in Brutkästen an Starkstrommasten nisteten, zeigt, dass sich die Jungtiere in exponierten und nicht exponierten Nestern gleich gut entwickelten. Das Blutbild und die Konzentration des Hormons Melatonin waren ebenfalls durch die Magnetfelder nicht beeinflusst. Die magnetische Flussdichte in den exponierten Nestern wurde gemessen und betrug 1 bis 25 Mikrotesla.
Kohlmeisen [6], die unter Stromleitungen brüteten, legten mehr und größere Eier als nicht exponierte Meisen. Ob dies ursächlich am Magnetfeld oder am Habitat unter den Leitungen lag, bleibt unklar. Der Bruterfolg blieb unverändert. Die magnetische Flussdichte in Nestern unter Stromleitungen betrug etwa 0,2 Mikrotesla, in entfernten Nestern nur etwa 0,6 Nanotesla.
Eine weitere Arbeit zeigt, dass die Korridore unterhalb von Stromleitungen vor allem einigen Singvogelarten, wie zum Beispiel Grasmücken und Spatzen, besondere Habitate bieten, in denen die Artenvielfalt und die Anzahl der Individuen steigt [7].
Vögel können das Erdmagnetfeld wahrnehmen
Zugvögel und auch viele andere, möglicherweise alle Vogelarten können das statische Erdmagnetfeld wahrnehmen und sich danach orientieren. Die Forschung in diesem Bereich ist bei weitem nicht abgeschlossen. Nach dem aktuellen Stand des Wissens spricht aber vieles dafür, dass Vögel möglicherweise bis zu drei voneinander unabhängige Organe zur Wahrnehmung des Erdmagnetfeldes nutzen [8]. Spezielle Lichtrezeptoren (Cryptochrome) in der Netzhaut von Zugvögeln reagieren auf die Ausrichtung des Magnetfeldes. Die Grundlage ist der Einfluss des Magnetfeldes auf Radikalpaare [9]. Ein anderes Sinnesorgan, das Magnetit (Eisenoxid) enthält, befindet sich möglicherweise im Schnabel und reagiert auf die magnetische Flussdichte [10]. Die Funktionalität dieses Organs wird allerdings angezweifelt [11]. Kürzlich wurde ein dritter Magnetfeldrezeptor im Innenohr der Taube experimentell nachgewiesen und durch physikalische Berechnungen erklärt, dessen Wirkmechanismus auf elektromagnetischer Induktion beruht [12].
Gleichstromleitungen
Im Zuge des Stromnetzausbaus sind auch Gleichstromleitungen an Land geplant, die von statischen elektrischen und magnetischen Feldern umgeben sein werden. Es ist möglich, dass die Magnetfelder, falls ihre magnetische Flussdichte den Bereich des Erdmagnetfeldes (etwa 48 Mikrotesla) erreicht, von Vögeln wahrgenommen werden und das Verhalten in unmittelbarer Nähe der Leitungen beeinflussen.
Literatur
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Insekten und SpinnentiereEinklappen / Ausklappen
Es ist bekannt, dass Bienen das statische Erdmagnetfeld wahrnehmen und sich danach orientieren können. Sie besitzen einen Magnetit-basierten Rezeptor, der auf die Polarität des Magnetfeldes reagiert [1]. Auch niederfrequente Magnetfelder können Bienen bei besonders niedrigen Frequenzen und höheren Flussdichten wahrnehmen [2].
Eine kombinierte Freiland- und Laborstudie zeigte, dass Bienen statische Magnetfelder oberhalb von 26 µT (ca. 50 % des Erdmagnetfeldes) bei der Futtersuche nutzen können. Dabei spielt Erfahrung und Lernen eine große Rolle. Andere Wahrnehmungen, wie zum Beispiel Farbe, haben eine stärkere Wirkung als das Magnetfeld [3].
In einer Studie wurde gezeigt, dass niederfrequente Magnetfelder, wie sie unter Wechselstromleitungen auftreten, das Lernvermögen, das Flugverhalten und die Nahrungssuche bei Bienen negativ beeinflussen. Der Schwellenwert lag bei 20 – 100 µT. Das Langzeitgedächtnis war nicht beeinträchtigt [4]. Eine Folgestudie zeigte dann, dass oberhalb von 100 µT das Lernvermögen von Bienen beeinträchtigt und die Aggressivität erhöht war [5]. Eine weitere Studie hat gezeigt, dass niedrige Dosen von Insektiziden, die für Bienen toxisch sind, die Wirkungen von Magnetfeldern nicht weiter steigern und teilweise sogar eine entgegengesetzte Wirkung zeigen [6]. Obwohl keine synergistische Wirkung vorliegt, beeinträchtigen beide Umweltstressoren die Bienenpopulationen.
Zwei Freilandstudien [7, 8] untersuchten bei Bienen die Auswirkungen von Pestiziden, Magnetfeldern in der Nähe von Stromleitungen, und deren Kombination, auf mehrere enzymatische Biomarker. Beide Belastungen einzeln hatten teilweise entgegensetzte Wirkungen, ein synergistischer Effekt zeigte sich nicht. Die Vitalparameter der Bienenstöcke und die Überlebensrate waren aber an dem Standort mit kombinierter Belastung am schlechtesten.
Bienen nehmen auch statische elektrische Felder wahr und nutzen die elektrostatische Aufladung von Blumen und Artgenossen zur Kommunikation und Orientierung [9]. Auch an der Übertragung von Pollen durch Bienen sind elektrostatische Felder beteiligt [10]. Ebenfalls Hummeln nehmen statische elektrische Felder wahr, können sich danach orientieren und sogar beurteilen wie viel Nektar eine Blüte beinhaltet [11].
Eine ältere Studie [12] untersuchte die Wirkung niederfrequenter elektrischer Felder auf das Verhalten von Bienen und die Vitalparameter in den Bienenstöcken (Gewicht, Honigmenge, Brut) unterhalb von Stromleitungen. Bei einem elektrischen Feld von 7 kV/m (oberhalb der heute gültigen Grenzwerte) sind innerhalb der Bienenstöcke relativ starke elektrische Ströme entstanden. Diese verursachten Kontaktströme und Elektroschocks, die von Bienen wahrgenommen wurden und das Verhalten maßgeblich gestört haben. Das führte am Ende zum geringeren Gewicht der betroffenen Kolonien und zu hohen Verlusten der Kolonien über den Winter.
Da Bienen in der Nähe von Stromleitungen oberhalb von den für Menschen gültigen Grenzwerten exponiert werden können, ist es möglich, dass dort auch ihr Verhalten beeinflusst wird. Das betrifft gleichermaßen Gleich- und Wechselstromleitungen.
Spinnen können elektrische Felder wahrnehmen. Junge Spinnen verbreiten sich, indem sie auf ihren Fäden durch die Luft gleiten. Dabei nutzen sie zusätzlich zum Wind auch die Kräfte natürlicher elektrischer Felder [13]. Auch hier kann nicht ausgeschlossen werden, dass künstliche statische elektrische Felder wie zum Beispiel von Gleichstromleitungen dieses Verhalten beeinflussen.
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[6] Shepherd S, Lima MAP, Oliveira EE, Sharkh SM, Aonuma H, Jackson CW, Newland PL (2021) Sublethal neonicotinoid exposure attenuates the effects of electromagnetic fields on honey bee flight and learning. Environmental Advances 4: 100051.
[7] Lupi D, Tremolada P, Colombo M, Giacchini R, Benocci R, Parenti P, Parolini M, Zambon G, Vighi M (2020) Effects of pesticides and electromagnetic fields on honeybees: A field study using biomarkers. International Journal of Environmental Research 14(1): 107-122
[8] Lupi D, Palamara Mesiano M, Adani A, Benocci R, Giacchini R, Parenti P, Zambon G, Lavazza A, Boniotti MB, Bassi S, Colombo M, Tremolada P (2021) Combined effects of pesticides and electromagnetic-fields on honeybees: Multi-stress exposure. Insects 12(8).
[9] Greggers, U, Koch, G, Schmidt, V, Durr, A, Floriou-Servou, A, Piepenbrock, D, Gopfert, MC, Menzel, R (2013). Reception and learning of electric fields in bees. Proc Biol Sci 280(1759): 20130528.
[10] Clarke D, Morley E, Robert D (2017). The bee, the flower, and the electric field: electric ecology and aerial electroreception. J Comp Physiol A Neuroethol Sens Neural Behav Physiol.
[11] Clarke D, Whitney H, Sutton G, Robert D (2013) Detection and learning of floral electric fields by bumblebees. Science 340(6128): 66-69.
[12] Greenberg B, Bindokas VP, Frazier MJ, Gauger JR (1981) Response of honey bees, apis mellifera l., to high-voltage transmission lines 1. Environmental Entomology 10(5): 600-610.
[13] Morley EL, Robert D (2018). Electric Fields Elicit Ballooning in Spiders. Curr Biol 28(14): 2324-2330.
MeerestiereEinklappen / Ausklappen
Einige Meerestiere wie zum Beispiel Haie und Fische können mit speziellen Sinnesorganen sehr schwache Felder wie das Erdmagnetfeld wahrnehmen und sich danach orientieren. Diese Tiere können auch die von Stromkabeln ausgehenden Felder wahrnehmen und ihr Verhalten entsprechend verändern. Einige Knorpelfische, zu denen die Haie, Rochen und Seekatzen gehören, tendieren dazu, in der Nähe der Seekabel nach Beute zu suchen [1], solange die Felder schwach sind. Haie lernen innerhalb weniger Tage elektrische Felder mit dem Vorkommen von Beute zu verknüpfen, aber auch Felder von Stromkabeln, in deren Nähe keine Beute vorkommt, zu ignorieren [2]. Das spricht dafür, dass sie sich gut an die veränderten Bedingungen anpassen können und ihr Jagderfolg durch die von Kabeln ausgehenden Felder nicht beeinträchtigt wird.
Manche Fischarten, wie zum Beispiel Lachse und Aale, orientieren sich auf ihren Wanderungen an Magnetfeldern. Diese Tiere nehmen das Magnetfeld der Seekabel wahr, schwimmen in unmittelbarer Nähe der Kabel langsamer und verändern auf einer kurzen Teilstrecke ihre Schwimmrichtung [3]. Sie scheinen nach bisherigen Studienerkenntnissen aber nur wenig in ihrer Wanderrichtung abgelenkt zu werden. Eine vollständige Barrierewirkung haben die Kabel nicht.
Beobachtungsstudien an Korallenfischen in Florida haben gezeigt, dass Emissionen von Seekabeln keinen Einfluss auf die Biodiversität der dortigen Fischpopulationen haben [4].
Wirkungen von Magnetfeldern auf Wirbellose, vor allem Krebstiere und Weichtiere, sind in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst [5]. Es wurden beispielhaft nur wenige Arten untersucht. Eine langfristige Magnetfeldexposition hat überwiegend keinen Einfluss auf die Überlebensrate und Reproduktion sowie physiologische Parameter in mehreren Arten von Krebs- und Weichtieren. Viele Krebstiere nehmen Magnetfelder wahr und orientieren sich danach. Etwa die Hälfte der untersuchten Arten bevorzugt Bereiche mit erhöhten Magnetfeldern (z.B. der Taschenkrebs) oder steigert beim Vorhandensein dieser Felder ihre Aktivität (z.B. der amerikanische Hummer). Die Felder haben einen geringfügigen physiologischen Einfluss auf den Tagesrhythmus der Tiere, sind aber nicht schädlich. Demgegenüber zeigen anderer Aren keine Verhaltensreaktion auf Magnetfelder (z.B. junge europäische Hummer) und einige wenige meiden sie (z.B. Langusten).
Gravierende schädliche Einflüsse wie zum Beispiel genetische Schäden oder Gewebeschäden bei Meereslebewesen sind nicht zu erwarten, da die Stärke der elektrischen und magnetischen Felder niedrig ist. Die beschriebenen Verhaltensänderungen können zur Umverteilung einzelner Arten führen. Die Anzahl von Offshore-Seeanlagen und der dafür benötigten Seekabel steigt stetig. Von vereinzelten Begegnungen mit Kabeln gehen keine Gefahren für Meerestiere aus. Wird aber das Jagdverhalten, die Migration oder Bewegungsaktivität bestimmter Arten zu oft gestört, kann das zu Energieverlusten führen, die dann Auswirkungen auf Populationen und Ökosysteme haben könnten. Der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand zu Umweltauswirkungen bei der Gewinnung erneuerbarer Energien aus dem Meer ist in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst, die auch Ausblicke in Zukunft und Forschungsempfehlungen enthält [6].
[1] Hutchison ZL, Gill AB, Sigray P, He H, King JW. (2020) Anthropogenic electromagnetic fields (EMF) influence the behaviour of bottom-dwelling marine species. Sci. Rep. 10:4219.
[2] Kimber JA, Sims DW, Bellamy PH, Gill AB. (2014) Elasmobranch cognitive ability: Using electroreceptive foraging behaviour to demonstrate learning, habituation and memory in a benthic shark. Anim Cogn 17:55-65.
[3] Westerberg H, Lagenfelt I. (2008) Sub-sea power cables and the migration behaviour of the european eel. Fisheries Manag Ecol 15:369-375.
[4]Kilfoyle AK, Jermain RF, Dhanak MR, Huston JP, Spieler RE (2018) Effects of emf emissions from undersea electric cables on coral reef fish. Bioelectromagnetics 39(1): 35-52.
[5]Albert L, Deschamps F, Jolivet A, Olivier F, Chauvaud L, Chauvaud S (2020) A current synthesis on the effects of electric and magnetic fields emitted by submarine power cables on invertebrates. Mar Environ Res 159: 104958.
[6]Gill A, Desender M. State of the science report, Chapter 5: Risk to animals from electromagnetic fields emitted by electric cables and marine renewable energy devices. United States: Pacific Northwest National Lab; 2020:87-103.
PflanzenEinklappen / Ausklappen
Statische Magnetfelder mit Flussdichte unterhalb und oberhalb der Erdmagnetfeldes können einen Einfluss auf Pflanzen, vor allem Keimung, Wachstum und Entwicklung, haben. Vermutlich spielte das Erdmagnetfeld auch eine Rolle bei der Evolution von Pflanzen [1]. Pflanzen enthalten Cryptochrome (Rezeptoren für blaues Licht), die an der Regulation des Wachstums und der Entwicklung beteiligt sind [2]. Diese werden vom Erdmagnetfeld beeinflusst, wobei die Wirkung nicht unbedingt lichtabhängig sein muss [3] und auch während der Dunkelheit erfolgen kann [4].
Keimung und Wachstum
Ein positiver Einfluss auf Keimungsrate, Keimungsgeschwindigkeit und Pflanzenwachstum wurde nach einer Vorbehandlung der Samen mit statischen und niederfrequenten Magnetfeldern für verschiedene Arten von Kulturpflanzen beschrieben, allerdings überwiegend bei magnetischen Flussdichten oberhalb der für den Menschen gültigen Grenzwerte, im Bereich von mehreren Millitesla. In Bezug auf die Beeinflussung des Pflanzenwachstums sind die Ergebnisse nicht konsistent. In einigen Arbeiten werden wachstumsfördernde, in anderen wachstumshemmende Effekte niederfrequenter elektrischer und magnetischer Felder beschrieben. Agronomische Anwendungen von Magnetfeldern an Samen und Pflanzen sind in einer Übersichtsarbeit zusammengefasst [5]. Eine weitere Übersichtsarbeit beschreibt Anwendungen, die Pflanzen helfen sollen verschiedenen Umweltstressfaktoren besser zu widerstehen [6]. In beiden Fällen handelt es sich um Zusammenstellungen von Beobachtungen. Die Wirkmechanismen, möglicherweise vermittelt durch Lichtrezeptoren, reaktive Sauerstoffspezies und weitere Botenstoffe, werden untersucht.
Einfluss von Hochspannungsleitungen
Der Einfluss von Hochspannungsleitungen auf Pflanzenwachstum unter Freilandbedingungen wurde nur in einigen wenigen Studien untersucht. In einer fünfjährigen Feldstudie an Winterweizen und Mais [7] wurde bei magnetischen Flussdichten von einigen Mikrotesla eine Ertragsminderung um etwa sieben Prozent gefunden, wobei die Einbußen auf Jahre mit erhöhtem Trockenheitsstress zurückgingen. Die Detektierbarkeit des Feldeffekts im Vergleich mit den viel stärkeren Einflussfaktoren Klima und Niederschlag lag an der Grenze der statistischen Signifikanz.
In China wurden Bohnen mit elektrischen Feldern von 2 und 10 kV/m exponiert. Vor allem während der Keimung und in der Wachstumsphase zeigte sich ein wachstumsfördernder Effekt der Felder, der bei 2 kV/kg ausgeprägter war als bei 10 kV/m [8].
Insgesamt ist es möglich, oberhalb der Grenzwerte sogar sehr wahrscheinlich, dass niederfrequente und vor allem statische elektrische und magnetische Felder das Wachstum von Pflanzen beeinflussen können. Unterhalb der Grenzwerte unter normalen Freilandbedingungen ist auch in unmittelbarer Nähe von Stromleitungen nicht mit einer Beeinträchtigung von Pflanzen zu rechnen.
Literatur
[1] Maffei ME (2014) Magnetic field effects on plant growth, development, and evolution. Fron. Plant Sci. 5 (445): 1 - 1.
[2] Chaves I, Pokorný R, Byrdin M, Hoang N, Ritz T, Brettel K, Essen LO, van der Horst GT, Batschauer A, Ahmad M (2011) The cryptochromes: blue light photoreceptors in plants and animals. Annu. Rev. Plan.t Biol. 62: 335 - 364.
[3] Agliassa C, Narayana R, Christie JM, Maffei ME (2018). Geomagnetic field impacts on cryptochrome and phytochrome signaling. J Photochem Photobiol B 185: 32-40.
[4] Pooam M, Arthaut LD, Burdick D, Link J, Martino CF, Ahmad M (2019). Magnetic sensitivity mediated by the Arabidopsis blue-light receptor cryptochrome occurs during flavin reoxidation in the dark. Planta 249(2): 319-332.
[5] Sarraf M, Kataria S, Taimourya H, Santos LO, Menegatti RD, Jain M, Ihtisham M, Liu S (2020) Magnetic field (mf) applications in plants: An overview. Plants (Basel, Switzerland) 9(9).
[6] Radhakrishnan R (2019) Magnetic field regulates plant functions, growth and enhances tolerance against environmental stresses. Physiol Mol Biol Plants 25(5): 1107-1119.
[7] Soja G, Kunsch B, Gerzabek M, Reichenauer T, Soja AM, Rippar G, Bolhar- Nordenkampf HR (2003) Growth and yield of winter wheat (Triticum aestivum L.) and corn (Zea mays L.) near a high voltage transmission line. Bioelectromagnetics. 24(2): 91 - 102.
[8] Li X, Liu X, Wan B, Li X, Li M, Zhu H, Hua H (2019). Effects of continuous exposure to power frequency electric fields on soybean Glycine max. J Environ Radioact 204: 35-41.5.
Stand: 04.01.2023