Familienfriedhof
Der Sello-Familienfriedhof in Potsdam-Bornstedt
In den Jahren bis 1866 hatte es nur wenige Beisetzungen auf dem
Sello-Friedhof gegeben. Am 14. Januar 1866 starb Aline Sello, Hermann Sellos
Frau, wenige Tage nach ihr Peter J. Lenné. Als Katholik konnte er in
Potsdam keine Grabstelle bekommen, so nahm Hermann Sello ihn auf seinem
Privatfriedhof auf. Im März starb Hofbaurat Ferdinand v. Arnim, im Mai
Ernst Emil Illaire, Chef des Zivilkabinetts.Auch diesen beiden
überließ Hermann Sello zwei Grabstellen. Man erwarb ein weiteres
südlich angrenzendes Geländestück von 7 1/2 Quadratfuß
zum Preis von 185 Talern von dem Kossäthen Rietz. Die Naturalabgaben
wurden durch Geld abgelöst. In den folgenden Jahren wurden der Bornstedter
Friedhof und der Sello-Friedhof umgestaltet.
Theodor Fontane besuchte Bornstedt 1869 oder 70 auf seinen Wanderungen und fand
"Hofgärtner in Bataillonen" vor. Zum Sello-Friedhof notierte er:
"Die alten Gärtner wollten in einem Garten ruhen." Ihm fallen die
Grabsteine der Sellos auf: "einfache Feldsteinblöcke tragen ihre Namen und
die Daten von Geburt und Tod." (Die Grabsteine wurden 1910 vom alten Friedhof
auf den Sello-Friedhof umgesetzt.)
1876 starb Hermann Sello. Sein Vermögen vermachte er einer Familienstiftung (s. d.). Den Friedhof vererbte er seinen Geschwistern und deren Nachkommen. Bis zu seinem Tod hatte er für die Pflege der Sello-Gräber auf dem alten Friedhof gesorgt. - In der Folgezeit gab es mit der Gemeinde viele Auseinandersetzungen um die Pflege des Sello-Friedhofs. Man musste auch immer wieder darauf hinweisen, dass der Friedhof juristisch nicht zum Bornstedter Friedhof gehört. In den Kriegsjahren 1914-18 kam die Arbeit der Familienstiftung fast zum Erliegen. Das Vermögen der Stiftung ging nahezu verloren; Kurt Nietner, ehemals Hofgärtner auf dem Babelsberg, und seine Frau Käthe geb. Fintelmann kümmerten sich um den Friedhof und sammelten das Geld für die Pflege von den Nutzungsberechtigten ein. Viele konnten selbst den geringen Betrag nicht aufbringen. 1934 schien das Sello'sche Erbbegräbnis praktisch dem Verfall preisgegeben. Glücklicherweise schaltete sich Kurt E. Rosenthal als einer der Familienältesten ein, er rettete die Familienstiftung, dem Friedhof galt sein besonderes Interesse; wichtig war es ihm, die Pforten stets verschlossen zu halten, um den "Durchgang Fremder" zu verhindern. Er sorgte auch für eine würdigere Gestaltung des Eingangsbereiches und erwarb schließlich einen weiteren Geländeteil: am 12./14. Januar 1944 kaufte er einen Streifen von 175 qm von der Hofkammer Wilhelm Prinz zu Preußen zum Preise von 2500 Mark. (Beisetzungen auf diesem Teil waren aber erst ab 1989 möglich!) Abgesehen von dem steten Ärger um die Pflege - die Gemeinde verwies auf kriegsbedingten Arbeitskräftemangel - schien die Zukunft des Sello'schen Erbbegräbnisses gesichert. Dann kam das Jahr 1945 und alles schien verloren. Doch nun zahlte sich die einstige Generosität von Hermann Sello aus: das Grab von Peter J. Lenné sicherte seinem Friedhof den Fortbestand; wenn es auch keine Hofgärtner mehr gab, so lebten bestimmte Traditionen fort. "Die Nachfolger im Amt des berühmtesten Potsdamer Gärtners haben nie versäumt, im September einen [Lorbeer-]Kranz zu seinem Geburtstag niederzulegen und das Grab bis heute zu pflegen," berichtet C. A. Wimmer. Zu runden Geburtstagen erhielt das Grab regelmäßig offiziellen Besuch. Die Familie konnte aufgrund der Nachkriegsverhältnisse wenig tun. Kurt E. Rosenthal starb 1946 in Pfullingen. Durch seinen unermüdlichen Einsatz hat Klaus A. Eggert mit Unterstützung einiger Familienmitglieder von hüben und drüben die Stiftung und den Friedhof für die Familie gesichert. Er sorgte u. a. dafür, dass die Nietner-Stelen - gemäß einem Familientagsbeschluss von 1944 - nach Bornstedt geschafft wurden. Die Sicherung des Friedhofs war ihm das wichtigste Anliegen, als die Familienstiftung nach ihrer Wiederbelebung eine neue Satzung erhielt. Auch seine Nachfolger im Amt, Dr. H. J. Legeler und F. W. Weber verstanden die Sorge für den Sello-Friedhof als vornehmste Verpflichtung. Es war Thema auf jedem Familientag; Besuche wurden gemacht. Auch wurden Mittel und Wege gefunden, Gelder hinüberzubringen, um wenigstens die notwendigsten Pflegearbeiten durchführen zu können, mit Hilfe von Dr. D. Fintelmann u. a.. Erst 1976 gelang es mit Unterstützung des Pfarrers Kunzendorf den neuen Teil einzuzäunen und damit als Eigentum zu sichern. Nach dem Zusammenbruch der DDR gelangte der Sello-Friedhof wieder in die Obhut der Familie, "zu Nutzungen und Lasten", wie es im Testament von Hermann Sello heißt. - Auf dem 1991 erstmals nach 57 Jahren wieder in Potsdam wieder in Potsdam stattfindenden Familientag war der Besuch des Sello'schen Familienfriedhofs für einen Großteil der Teilnehmer ein besonderes Erlebnis. Seitdem finden wieder Beisetzungen von Familienangehörigen, die dies wünschen, statt und die Familienstiftung hat die Pflege des Friedhofs in Eigenregie mit dankenswerter Unterstützung der evangelischen Kirchengemeinde und der SPSG übernommen. |
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SE
Quellen und Literatur:
- Familienpapiere, Privatbesitz
- Friedhofsakten, ehemals Archiv der Kirchengemeinde Bornstedt, heute in: Domstiftsarchiv Brandenburg
- Arlt, Klaus, Der Bornstedter Friedhof in Potsdam. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Denkmalpflege im Kulturbund der DDR, Bezirksvorstand Potsdam, 6/1884
- Bethge, Alexander, Der alte Bornstedter Kirchhof (1871). In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 5 (1872), zitiert nach Wimmer (s. d.) Beilage: Friedhofsplan von Bethge, 1868
- Deisenroth, Karlheinz, Märkische Grablege im höfischen Glanze. Der Bornstedter Friedhof zu Potsdam; Berlin 1997
- Fontane, Theodor, Wanderungen durch die Mark Brandenburg III.,Havelland;
- Schulze, Karoline, Geschichte der Gemeinde Bornstädt,., 1877, Handschr. In: Domstiftsarchiv Brandenburg
- Wimmer, C. A. Gärtner, Künstler und Gelehrte auf dem Bornstedter Friedhof. In: Kunzendorf, Gottfried, Richter, Manfred, Bornstedt Friedhof Kirche, Berlin 2001 - Erweiterte und überarbeitete Neuauflage
- Das Notizbuch Theodor Fontanes wird im Theodor Fontane-Archiv in Potsdam aufbewahrt; es befindet sich im Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung, Nachl. Theodor Fontane A 15
Bildnachweis
- Alle Bilder befinden sich im Familienbesitz. Das Bild "Grabmal Hermann Sello mit Kränzen zum 200. Geburtstag" wurde im Jahr 2000 aufgenommen, alle anderen Fotos stammen aus dem Jahr 2007.