Ursiden 2023 - Infos zur Sichtbarkeit und zur Geschichte
- ️Stefan Krause
- ️Thu Aug 03 2023
Ursiden - Meteore - Sternschnuppen - Meteorschauer - 2023
Einführung
Alljährlich erhalten wir einen himmlischen Weihnachtsgruß, den uns der Komet 8P/Tuttle schickt, nämlich in Form des Meteorschauers der Ursiden. Dieser Meteorstrom, dessen Radiant im Sternbild Kleiner Bär (Ursa minor) liegt, ist allerdings wenig bekannt. Das hängt sicherlich mit der im Dezember meist unerquicklichen Witterung zusammen; die vorweihnachtliche Hektik, die vielfach nicht Zeit für ausgiebige Himmelsbeobachtungen lässt, mag auch eine Rolle spielen. Hinzu kommt, dass die ZHR der Ursiden meist nur etwa 10 erreicht, wobei das Maximum sehr spitz (= kurz) ist und viele leuchtschwache Sternschnuppen vertreten sind. Helles Mondlicht ist daher der natürliche Feind einer erfolgreichen Ursiden-Beobachtung. Ein weiterer Nachteil dieses Meteorschauers ist, dass der Radiant erst in den frühen Morgenstunden größere Höhen über dem Horizont erreicht. Insgesamt stellen sich also die gleichen Probleme, wie bei den 14 Tage später auftretenden Quadrantiden, mit dem Unterschied, dass die Fallraten der Ursiden 10mal geringer sind. Eine erfolgreiche Beobachtung dieses Schauers ist folglich durchaus ein "Once-in-a-lifetime"-Erlebnis.
Trotzdem verdienen die Ursiden durchaus mehr Aufmerksamkeit als ihnen gemeinhin gewidmet wird, denn dieser Meteorstrom neigt zu gelegentliche Ausbrüchen, mit ZHR bis zu 100. Das entspricht dann in etwa den normalen Fallraten der Quadrantiden.
Lage des Ursiden-Radianten. Quelle: NASA
Geschichte der Ursiden
Die Ursiden wurden von William Frederick Denning um 1910 entdeckt, erfuhren aber lange Zeit wenig Beachtung. Am 22.12.1945 beobachteten tschechische Astronomen durch Zufall einen kräftigen Ausbruch des Meteorschauers, wobei eine ZHR von über 100 erreicht wurde. In den folgenden Jahren wurden die Ursiden systematisch untersucht, die beobachteten Meteorzahlen waren aber verglichen mit 1945 stets sehr gering. Deshalb ließ das Interesse an diesem Meteorschauer bald wieder nach. Erst Anfang der 70er-Jahre erfolgten weitere Untersuchungen durch britische Amateurastronomen, wobei sehr geringen ZHR festgestellt wurden. Durch Radiobeobachtungen wurde jedoch in den Tagesstunden des 22.12.1973 ein kurzer Ausbruch mit einer ZHR von etwa 30 nachgewiesen. Vergleichbar stark traten die Ursiden am 22.12.1979 in Erscheinung, diesmal waren es norwegische Beobachter, die die Meteore am Nachthimmel sichten konnten. In mehreren europäischen Ländern wurde ein deutlich stärkerer Ausbruch der Ursiden, mit ZHR bis zu 100, am 22.12.1986 beobachtet.
Seit langem war bekannt, dass es sich bei 8P/Tuttle um den Ursprungskometen der Ursiden handelt. Die Umlaufszeit dieses Schweifsterns beträgt 13.5 Jahre. Interessanterweise fielen die stärksten beobachteten Ausbrüche der Ursiden in den Jahren 1945, 1973 und 1986 nicht etwa mit der Sonnennähe, sondern mit der Sonnenferne des Kometen zusammen. Peter Jenniskens & Esko Lyytinen entwickelten ein Modell, das dieses ungewöhnliche Phänomen befriedigend erklärte. Im gleichen Artikel wurde für den 22.12.2000 - wieder war der Komet in Sonnenferne - ein erneuter Ausbruch der Ursiden vorhergesagt. Zahlreiche Beobachter legten sich auf die Lauer, doch die Ergebnisse waren widersprüchlich. Vor allem Videoaufnahmen und Radioechos deuteten auf verstärkte Aktivität hin, doch es blieben Zweifel an der dabei angewandten Methodik. Hinzu kam, dass visuelle Beobachter nur die üblichen geringen Ursiden-Raten registrierten. Auch das Jahr 2014 brachte offenbar einen Ausbruch.
Weniger starke Ausbrüche wurden in Jahren verzeichnet, in denen sich 8P/Tuttle in Erdnähe befand, namentlich 1981 und 1982, 1993 und 1994 sowie 2007, 2020 und 2021.
ZHR-Schätzungen verschiedener Beobachter für die Ursiden 2000. Quelle: P. Jenniskens/NASA-ARC
Die Ursiden 2023
Das Maximum der Ursiden tritt im Jahr 2023 am Morgen des 23. Dezember gegen 05:00 MEZ ein. Für Mitteleuropa ist das ein sehr günstiger Zeitpunkt, weil einerseits der Radiant bereits recht hoch steht (gut 50˚) und andererseits der abnehmende Mond kurz zuvor untergegangen ist. Zudem setzt die Morgendämmerung erst nach 6 Uhr MEZ ein.
Die IMO weist in ihrem Meteorstrom-Kalender auf möglicherweise erhöhte Aktivität durch eine Staubspur am 22.12.2022 15:30 oder 18:00 MEZ hin. Letztgeannter Zeitpunkt fällt zwar in das Ende der astronomischen Abenddämmerung; jedoch werden vor allem das helle Mondlicht, aber auch der noch relativ niedrige Radiantenstand (unter 40˚) Beobachtungen stark erschweren.
Links und Fachliteratur zu den Ursiden
Webseiten
IMO: Ursids 2000 campaign (1994, 2007, 2014, 2016, 2017)
Ames Research Center: Ursids MAC 2007
Dutch Meteor Society: Ursids 2000 - Observational results!
Peter Jenniskens & Esko Lyytinen: Possible Ursid outburst on December 22, 2000
Gary W. Kronk, Rainer Arlt & Richard Taibi: An Upcoming Outburst of the Ursids?
Leonid MAC: Predictions for upcoming Dec. 22 ursid Outburst - another Leonid-type Shower!
Science@NASA: A Meteor Surprise
Sky & Telescope: Can You Spot December's Ursid Meteors?
Space.com: North Pole Meteor Shower
Marc van der Sluys: De meteorenzwerm Ursiden in december 2023
Fachliteratur
Ceplecha, Zdenek: Umids-Becvars's Meteor Stream
Denning, William F.: Meteors on Christmas night
Denning, William F.: Mechain-Tuttle's comet of 1790-1858 and a meteoric shower
Jenniskens, Peter: Meteor stream activity. 2 - Meteor outbursts
Jenniskens, Peter et al.: Dust Trails of 8P/Tuttle and the Unusual Outbursts of the Ursid Shower
Jenniskens, Peter & Lyytinen, Esko: 2000 Ursid Outburst Confirmed
Johannink, Carl : Ursid activity 2021 by CAMS BeNeLux
Langbroek, Marco: Conspicuous Ursid Rates in 1996
Ogawa, Hiroshi & Sugimoto, Hirofumi: Ursids 2020 with Worldwide Radio Meteor Observations
Ohtsuka, K.; Shioi, H. & Hidaka, E.: Enhanced Activity of the 1994 Ursids from Japan