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Praxistest: Print on Demand mit BoD und Lulu

  • ️Wolfgang Tischer
  • ️Thu Oct 24 2024

Print-on-Demand-Buch im VierfarbdruckRuben Wickenhäuser hat mit zwei Buchprojekten die beiden großen Print-on-Demand-Anbieter BoD und Lulu.com einem Praxistest unterzogen. Hier sein Bericht:

Vor Jahren schlug »Print on Demand« hohe Wellen als technische Möglichkeit für jeden, eigene Bücher ohne Verlagssuche und ohne die enormen Kosten des Eigen- oder gar Zuschussverlags direkt drucken zu können. Tatsächlich ist Print on Demand ein relativ junges Druckverfahren, das es erlaubt, Bücher direkt nach Bestelleingang zu drucken – Einzelstücke also -, wodurch Lagerkosten, hohe Investitionen in eine Startauflage usw. entfallen.

Diese Technologie ist interessant für bereits vergriffene Titel, die so weiterhin verfügbar gehalten werden sollen (beispielsweise um daraus Lesungen halten zu können), oder für Spartenliteratur, die im Angesicht des fehlenden oder geringen Marketings keine Chance auf eine reguläre Veröffentlichung hat.

Grundsätzlich kann ein PoD-Anbieter eine ähnliche Palette an zusätzlichen Dienstleistungen anbieten wie ein normaler Verlag: Vom Coverdesign übers Lektorat bis hin zum Buchsatz. Dies hat natürlich seinen (zusätzlichen) Preis, den hier der Autor zahlen muss.

Idealerweise kann der Autor diese Dinge selbst übernehmen. Der PoD-Anbieter übernimmt in diesem Fall nur Druck und Verkauf bzw. Versand. Dazu muss der Autor bzw. die Autorin den vollständig gesetzten Text als PDF-Dokument über die Internetplattform des Anbieters hochladen, ebenso den gestalteten Umschlag. An Formaten stehen Taschenbuch- und Hardcover-Varianten zur Verfügung. In diesem Beitrag werden nur Taschenbuchformate berücksichtigt.

Vorweg sei gesagt, dass ich mit dem Ergebnis bislang sehr zufrieden bin. Ich habe zwei unterschiedliche Anbieter für zwei verschiedene Projekte gewählt.

Das Buchprojekt bei Books on Demand (BoD)

Cover: Indianer-Spiele: Spiele der Ureinwohner Amerikas für die Kids von heuteBei Books on Demand (BoD) (nicht zu verwechseln mit der Technologie »Print on Demand« (PoD)) habe ich »Indianer-Spiele: Spiele der Ureinwohner Amerikas für die Kids von heute« wieder aufgelegt. Die Sammlung war nach zehn Jahren vom Verlag an der Ruhr remittiert worden. Durch das Rückholen der Rechte konnte ich das Buch neu herausbringen, da ich immer wieder Anfragen nach Exemplaren bekam.

Bei BoD kann man aus einer Reihe von Angeboten wählen: Von kostenloser Publikation ohne ISBN für den Eigenvertrieb, über eine BoD Classic-Variante für rund 40 Euro bis hin zur Publikation für 400 Euro, für die beispielsweise eine Telefonberatung zur Verfügung steht. Pro Monat fallen 2 Euro »Miete« für das Bereitstellen der Daten an. Ich wählte die Variante für 40 Euro. Mit ISBN finden sich die Bücher auch bei Online-Buchhandlungen, außerdem erfolgt ein Eintrag in der Deutschen Nationalbibliothek.

Die Abwicklung war problemlos und natürlich komplett online durchzuführen. Vom Abschluss des Druckauftrags bis zum Eingang des ersten gedruckten Buches vergingen etwa eineinhalb Wochen. Die Papierqualität ist gut, der Druck einwandfrei. Bei Beachtung des Beschnittrands beim Satz werden Bilder nahtlos an den Seitenrand gedruckt. Das Cover ist für den Laien von einem regulären Taschenbuch ebensowenig zu unterscheiden wie die Bindeart.

BoD bietet einen übersichtlichen Kostenkalkulator an, bei dem Format, Seitenzahl, die gewünschte Autorenmarge (die man selbst festsetzen kann) und die Anzahl der Farbseiten angegeben werden können. Richtig: Vierfarbigen Druck bietet BoD mittlerweile auch, praktischerweise eben auch nur für eine beliebige Anzahl an Einzelseiten (für Grafiker: dies alles im RGB-Farbraum). Der Preis hält sich in Grenzen. Bei einer Marge von 2 Euro beläuft sich der Gesamtpreis für das rund 180-seitige Buch mit einer Vollfarbseite auf 14 Euro pro Exemplar. Diese zahlt natürlich nur der Käufer, ein Vorschuss durch den Autor ist nicht erforderlich.

Nachteile bei BoD:

  • Bislang wird nur ein teurer Service für Publikationen in den USA angeboten, und hier sind keine Farbseiten möglich.
  • BoD verlangt das Eingehen eines Standardrahmenvertrags, der BoD bei der Classic-Variante das Abdruckrecht auf 5 Jahre sichert. Dieser Vertrag kann vorzeitig für etwa 300 Euro gekündigt werden.
  • Gravierender noch: Der Standardvertrag überträgt BoD das Recht zur digitalen Publikation, wie üblich ohne Verpflichtung zur Anwendung von Zugriffsschutz oder dergleichen. Dies bereitet mir Magengrimmen – einmal losgelassen … Bei Google Buchsuche tauchen Bücher von BoD dementsprechend auch mal im Volltext auf, und Google Buchsuche-Seiten lassen sich mit ein wenig Hintergrundwissen mühelos speichern. Eine meines Erachtens überflüssige Einschränkung und ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Autoren.

Das Buchprojekt bei Lulu.com

Cover: Jugger. A post-apocalyptic sport for all occasionsDurch die Einschränkung im gezielten internationalen Vertrieb und wegen des ärgerlichen Digitalpassus‘ wählte ich Lulu.com für die Veröffentlichung der Übersetzung des Jugger-Sachbuchs, »Jugger. A post-apocalyptic sport for all occasions«. Dieses Buch liegt weiterhin beim Verlag an der Ruhr auf Deutsch vor. Ich übersetzte es im Einvernehmen mit dem Verlag, erstellte den neuen Satz und publizierte es, unter der Bedingung, dass die Publikation bei Lulu beendet wird, wenn sich ein englisch-amerikanischer Verlag findet. Dies wäre bei BoD nicht möglich gewesen, da das Lösen der Fünfjahresbindung wie gesagt rund 300 Euro kostet.

Das Buch ist durchgängig vierfarbig gesetzt. Die Photos erstrahlen in brillanten Hochglanzfarben, ebenso das Titelbild; im Farbmodus CMYK und bei 300 dpi Auflösung ist das Druckergebnis sehr zufriedenstellend. Papier, Umschlag und Bindung sind alle von guter Qualität. Einzig mit der Einstellung des Beschnittrands sollte man Vorsicht walten lassen, hier war der Beschnitt stellenweise etwas zu großzügig vorgenommen worden; wichtige Elemente sollten also nicht zu dicht an den späteren Seitenrand des Buches gesetzt werden.

Die Abwicklung bei Lulu verlief problemlos, eine Gewöhnung an das und etwas Geduld mit dem Online-Upload-System ist allerdings manchmal vonnöten. Lulu.com verlangt keinerlei Gebühr, weder für das Bereithalten der Daten (2 Euro/Monat bei BoD) noch für das Projekt selbst, es sei denn, man möchte selber als Verleger auftreten. »Published by Lulu« ist derzeit kostenlos, ansonsten muss man 50 Euro berappen; bei dieser Option erhält das Buch eine ISBN und wird bei Online-Buchhandlungen (amazon.com usw.) gelistet; außerdem muss man ein Prüf-Exemplar kaufen und nach Erhalt den korrekten Druck bestätigen. Zu berücksichtigen bei Listungen im VLB und bei amazon.de ist, dass Lulu.com sich nachwievor primär an den angloamerikanischen Markt wendet.

Ohne ISBN und Listung ist das Publizieren bei Lulu aber auch kostenlos möglich. Einer digitalen Publikation kann der Autor bzw. die Autorin extra zustimmen. Kauft jemand bei Lulu direkt, dann erhält der Autor bzw. die Autorin die Buchhandelsmarge, ansonsten die selbst festgesetzte Autorenmarge. Durch die durchgehende Vierfarbigkeit ist das Beispielbuch allerdings mit seinen 110 Seiten nicht gerade billig. Hier ist es ein klarer Vorteil, dass einmal hochgeladene Satzdateien für beliebig viele Projekte zur Verfügung stehen. Man kann also mit ein und derselben Datei sowohl eine teurere, komplett vierfarbige Ausgabe drucken und parallel dazu eine Schwarzweiß-Ausgabe für rund ein Drittel bis Viertel des Kaufpreises der Farbausgabe, und beides im Falle »Lulu Marketplace« für den Autor bzw. die Autorin kostenlos. Im Falle der »Published by Lulu«-Option muss allerdings auf der Titelei wie im Impressum die jeweilige ISBN eingefügt werden, das heißt, es ist das Hochladen zweier Impressumsdokumente und Titeleien erforderlich.

Lulu.com scheint Verträge mit mehreren Druckereien zu haben, sowohl in den USA, als auch in Europa. Die Zusendung des Prüfexemplars dauerte rund zwei Wochen, da das Buch von einer spanischen Druckerei per Hermes zugestellt wurde.

Nachteile bei Lulu.com:

  • Da Lulu im Wesentlichen den angloamerikanischen Raum zu bedienen scheint, sind viele FAQs in Englisch.
  • Das Vertriebsnetz ist in Deutschland umständlicher, da beispielsweise amazon.com, möglicherweise jedoch nicht amazon.de (und auch nicht unmittelbar das VLB) mit den Titeldaten versorgt werden.
  • Dementsprechend ist die Anbindung an den örtlichen Buchhandel nur begrenzt gegeben.
  • Ebenfalls deswegen kann der Versand sehr lange dauern (im vorliegenden Falle Druck in Spanien, rund 2 Wochen).
  • Auch kann das Einholen der Autorenhonorare etwas umständlich sein.
  • Die räumliche Entfernung macht den Anbieter anonymer als BoD; Vertreter von BoD aus Fleisch und Blut waren (und sind) auch auf der Buchmesse vertreten.
  • Es ist nur entweder Vollfarb- oder Schwarzweißdruck möglich, soweit ich das erkennen konnte. Dies ist für den Verkaufspreis relevant, nicht aber für die Natur des Dokuments.

Fazit des Praxistest:

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass beide Anbieter ihre Vorteile haben, je nach Charakter des Projekts. Während Print on Demand sicher kein geeigneter Weg ist, um als Autor bekannt zu werden und hohe Auflagen zu erreichen, ja auch nur in einem Buchhändlerregal zu stehen, ist es doch ein interessanter Weg für Veröffentlichungen mit alternativen Vertriebswegen oder von besonderem Projektcharakter. Die PoD-Bücher sind bereits billiger geworden, aber immer noch zu teuer, um sich bei Aussicht auf hohe Absatzzahlen zu rechnen – da ist ein klassischer Auflagendruck dann günstiger. Für reguläre Publikationen führt führt immer noch kein Weg an klassischen Verlagen vorbei.

Dr. Ruben Wickenhäuser war Co-Initiator und fünf Jahre lang Sprecher des Autorenkreises Historischer Roman Quo vadis. Weitere Informationen unter uhusnest.de