Tag der Deutschen Einheit - 3. Oktober - 32 Jahre Deutsche Einheit
Bundespräsident Steinmeier hat in seiner Rede eine Gedenkstätte für die Friedliche Revolution in der DDR angeregt.
Wenn die Friedliche Revolution auch heute Ermutigung sein kann, „dann schaffen wir doch eine Stätte, die an diesen Mut erinnert!“, sagte Steinmeier in seiner Rede. Es gebe heute schon viele Orte des Gedenkens. „Aber bräuchten wir nicht einen herausgehobenen Ort, mehr als ein Denkmal, der an die wirkmächtigen Freiheits- und Demokratieimpulse der Friedlichen Revolutionäre erinnert?“, fragte der Bundespräsident. „Einen Ort, der erinnert an die erfüllten, aber auch an die unerfüllten Träume von einer besseren und gerechteren Zukunft. Einen Ort, der daran erinnert, dass die Ostdeutschen ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen und sich selbst befreit haben.“ Die Friedliche Revolution habe eine Diktatur zu Fall gebracht. „Das ist eine Sternstunde, die auf ewig Platz haben wird in der deutschen Demokratiegeschichte.“
Durch das Zusammenwachsen von Ost und West, durch Zuwanderung und Integration sei das Land vielfältiger und unterschiedlicher geworden. „Wir sind das Volk“ bedeute heute „Wir sind alle das Volk“: „Bayern, Küstenbewohner, Ostdeutsche haben ihr eigenes Selbstbewusstsein. Landbewohner ticken anders als Städter. Christen, Muslime, Juden und Atheisten sind Teil unseres Landes“, so Steinmeier. „Ossis und Wessis“ gebe es weiterhin, aber diese Unterscheidung sei für viele längst nicht mehr die entscheidende.
Steinmeier erinnerte daran, dass der Umbruch die Menschen im Osten ungleich härter getroffen hätte als im Westen. „Und er hinterlässt bis heute Spuren, trotz aller Fortschritte, nicht nur in den Lebensläufen, sondern auch und gerade in den Herzen der Menschen.“ Es gebe noch immer zu viele Geschichten von zerstörten Biographien und betrogenen Hoffnungen, von entwerteten Qualifikationen, von Orten, in denen ganze Generationen fehlen, weil die Jungen dort keine Zukunft gesehen hätten und weggegangen seien. Noch immer existiere ein deutliches Lohngefälle zwischen Ost und West. „Der Umbruch traf in Ostdeutschland jede Familie, im Westen hingegen erlebten ihn die meisten Menschen aus der Distanz – und oft mit Distanz.“
Man müsse offen über Fehler und Ungerechtigkeiten sprechen, auch falschen Mythen entgegenwirken. „Ich finde es wichtig, dass die Akten der Treuhand endlich offen sind“, sagte Steinmeier. Über Entscheidungen werde mit Sicherheit mit dreißig Jahren Abstand neu geurteilt und gestritten werden. „Nicht streiten müssen wir über die Frage, welche traumatischen Folgen die Abwicklung ganzer Betriebe hatte.“ Wenn Menschen sich „dauerhaft zurückgesetzt“ fühlen, wenn „ihre Sichtweise nicht vorkommt in der politischen Debatte“, dann bröckele der Zusammenhalt, dann steige das Misstrauen in Politik, dann wachse der Nährboden für Populismus und extremistische Parteien, sagte Steinmeier.
Mit Blick auf die Demonstranten, die vor dem Bundestag die schwarz-weiß-rote Flagge des Deutschen Reiches von 1871 oder die Reichskriegsflagge geschenkt hatten, betonte Steinmeier, dass die Farben Schwarz-Rot-Gold die Farben der demokratischen Geschichte seien, „die Farben von Einigkeit, Recht und Freiheit.“ Schwarz-Rot-Gold, das „sind unsere Farben und die lassen wir uns nicht nehmen! Wir werden nicht zulassen, dass sie verdrängt, missbraucht oder vereinnahmt werden.“
„Dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es nicht nur immer mehr ostdeutsche Erfolgsgeschichten. Vor allem gibt es viel, was wir gemeinsam geschafft haben“, so Steinmeiner. Deutschland sei zu einem modernen und erfolgreichen Land in der Mitte Europas geworden. „Wir sind weiter, als wir denken“, so Steinmeier, „weil wir die Erfahrungen aus Ost und West vereinen.“ „Wir leben heute in dem besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“, zog Steinmeier eine positive Bilanz der Deutschen Einheit. Er würdigte den Zusammenhalt der Deutschen. „Unser Land zeigt in diesen Corona-Zeiten, dass wir zusammenstehen, dass wir stark sind und verantwortungsvoll handeln.“