Vitamin B12: Mangel
- ️Mon Oct 07 2019
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Vitamin-B12-Mangel entsteht, wenn der Pegel in den körpereigenen Vitamin-B12-Speichern unter ein notwendiges Minimum fällt. Es können sich dann schleichend verschiedene Beschwerden einstellen. Mehr über die Ursachen und wie lange die Behandlung dauert, um einen Vitamin-B12-Mangel zu beheben, lesen Sie hier!
Artikelübersicht
Vitamin B12: Mangel
Vitamin-B12-Mangel: Behandlung
Ein Vitamin-B12-Mangel lässt sich mit entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln oder Medikamenten (z.B. in Form von Spritzen oder Infusionen) ausgleichen. Der Arzt oder die Ärztin entscheidet im Einzelfall, welches Präparat in welcher Dosierung für Betroffene am besten geeignet ist und wie lange es angewendet werden muss.
Nach Möglichkeit wird auch immer die Ursache des Vitamin-B12-Mangels beseitigt oder behandelt, zum Beispiel eine Infektion mit dem „Magenkeim“ Helicobacter pylori oder Morbus Crohn.
Schon bevor das Vitamin B12 entdeckt wurde, wusste man, dass man die Symptome eines Mangels mit dem Zusatz von tierischer Leber in der Ernährung beheben kann – die Leber ist reich an Vitamin B12.
Vitamin-B12-Mangel: Ursache
Ein Vitamin-B12-Mangel kann entstehen, wenn über längere Zeit weniger von dem Vitamin zugeführt oder aufgenommen wird, als der Körper benötigt. Auch ein erhöhter Verbrauch von Vitamin B12 kann dessen Blutwert absinken lassen. Außerdem können manche Medikamente einen Vitamin-B12-Mangel begünstigen.
Hier eine Übersicht über die wichtigsten Ursachen:
Vitamin-B12-arme Ernährung
Wer sich beispielweise streng vegetarisch oder vegan ernährt, läuft Gefahr, dem Körper zu wenig Vitamin B12 zuzuführen. Tierische Lebensmittel sind nämlich die wichtigsten Quellen für dieses Vitamin: Nur sie enthalten es in relevanten Mengen.
Säuglinge, die von Müttern mit B12-Mangel gestillt werden, erhalten zu wenig Vitamin B12 über die Muttermilch.
Chronische Magenschleimhautentzündung
Verschiedene Formen von chronischer Gastritis können ebenfalls die Ursache für einen Mangel an Vitamin B12 sein, beispielsweise die Autoimmun-Gastritis:
Hier bildet das Immunsystem aufgrund einer Fehlsteuerung Antikörper gegen körpereigenes Gewebe – gegen bestimmte Zellen der Magenschleimhaut (Parietalzellen) oder den von diesen produzierten Intrinsic Factor (IF). Dabei handelt es sich um ein Eiweiß, das nach Verlassen des Magens im Dünndarm an das Vitamin B12 bindet, bis es von den Darmzellen aufgenommen wird.
Die Autoimmun-Gastritis löst durch den Antikörper-Angriff also einen IF-Mangel aus. Dieser wiederum beeinträchtigt die Aufnahme von Vitamin B12 im Darm und kann so einen Vitamin-B12-Mangel verursachen. Die auf diese Weise entstehende Blutarmut wird perniziöse Anämie genannt (eine Sonderform der oben beschriebenen megaloblastären Anämie).
Auch eine chronische Gastritis infolge einer Infektion mit dem „Magenkeim“ Helicobacter pylori kann einen Vitamin-B12-Mangel auslösen.
Operative (Teil-)Entfernung von Magen oder Dünndarm
Wenn zum Beispiel aufgrund von Magenkrebs der Magen als Ganzes oder in Teilen entfernt wird (totale oder partielle Gastrektomie), beeinträchtigt das die Produktion des Intrinsic Factors (siehe oben). Das vermindert die Vitamin-B12-Aufnahme im Darm.
Diese Aufnahme findet im letzten Abschnitt des Dünndarms (Ileum) statt. Muss dieser operativ entfernt werden (z.B. aufgrund eines Tumors oder einer schweren Morbus-Crohn-Erkrankung), resultiert ebenfalls ein Vitamin-B12-Mangel.
Darmerkrankungen
Verschiedene Erkrankungen, die den Dünndarm betreffen, können die Aufnahme von Vitamin B12 und anderen Nährstoffen beeinträchtigen (Malabsorption). Das gilt zum Beispiel für Morbus Crohn, Zöliakie und Morbus Whipple (seltene bakterielle Infektionskrankheit).
Auch ein Befall mit dem Fischbandwurm kann der Grund für einen Vitamin-B12-Mangel sein. Der Parasit nimmt im Darm das Vitamin auf, bevor die Darmschleimhaut das tun kann.
Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert Enzyme, die zur Freisetzung von B12 aus Nahrungsproteinen benötigt werden. Verschiedene Erkrankungen (wie eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung) können diese Bildung von Verdauungsenzymen beeinträchtigen (exokrine Pankreasinsuffizienz). Das kann unter anderem einen Vitamin-B12-Mangel nach sich ziehen.
Medikamente
Eine Langzeitbehandlung mit Protonenpumpenhemmern (z.B. bei der Refluxkrankheit) kann ebenfalls eine Unterversorgung mit Vitamin B12 verursachen. Diese Medikamente hemmen die Freisetzung der Magensäure. Dadurch kann an Nahrungseiweiß gebundenes Vitamin B12 nur noch vermindert freigesetzt werden.
Eine weitere mögliche Ursache von Vitamin-B12-Mangel ist Metformin: Dieser Wirkstoff wird unter anderem zur Behandlung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) eingesetzt. Als Nebenwirkung kann er durch eine Veränderung der Dünndarmschleimhaut die Aufnahme des Vitamins in den Körper beeinträchtigen.
Sonstige Ursachen
In manchen Fällen ist die missbräuchliche Verwendung von Lachgas (Distickstoffmonoxid) als inhalierte Partydroge schuld an einem akuten Vitamin-B12-Mangel mit Rückenmarkschädigung – einige Betroffene entwickeln sogar ein Querschnittssyndrom.
In der Medizin wird Lachgas vermischt mit Sauerstoff zur Narkose verwendet.
Zu den weiteren Ursachen von Vitamin-B12-Mangel zählen beispielsweise genetisch bedingte Erkrankungen wie die seltene Erbkrankheit Transcobalamin-II-Mangel. Den Betroffenen mangelt es an einem wichtigen Transportprotein von Vitamin B12 im Blut.
Andere genetische Störungen beeinträchtigen zum Beispiel die Aufnahme des Vitamins im Darm oder seine Umwandlung in aktive Formen.
Vitamin-B12-Mangel: Diagnostik
Bei Verdacht auf einen Vitamin-B12-Mangel bringen Blutuntersuchungen Aufschluss: Es werden unter anderem der Blutspiegel von Vitamin B12 und relevanter Stoffwechselprodukte gemessen. Die wichtigsten dieser Stoffwechselprodukte sind Methylmalonsäure (MMA) und Homocystein (HCY). Erst aus der Interpretation aller Untersuchungsbefunde lässt sich ein Vitamin-B12-Mangel und sein Schweregrad feststellen.
Serum-B12-Messung
Das Gesamt-Vitamin-B12-Spiegel im Blutserum ist nur eingeschränkt aussagekräftig. Der Grund: Das Vitamin ist im Blut hauptsächlich an zwei verschiedene Proteine gebunden ist, wobei nur einer dieser Komplexe für die Körperzellen verwertbar ist.
- Haptocorrin bindet 70 bis 90 Prozent des Vitamin B12 im Serum. Das so transportierte Vitamin können die Zellen aber nicht aufnehmen,
- Transcobalamin II bindet 10 bis 30 Prozent des Vitamin B12 im Serum und nur dieses kann in die Zellen gelangen (daher auch „aktives B12“ genannt).
Selbst bei einem normalen oder hohen Gesamt-Vitamin B12 im Serum kann also ein Vitamin-B12-Mangel vorliegen – nämlich dann, wenn es an Transcobalamin II mangelt beziehungsweise sehr viel Haptocorrin vorhanden ist. Dann fehlt es an biologisch aktivem Vitamin B12.
HoloTC im Serum (aktives B12)
Das an Transcobalamin II gebundene – und somit biologisch aktive – Vitamin B12 lässt sich separat im Blut messen. Es wird im Befund als HoloTC angegeben. Die HoloTC-Bestimmung wird zunehmend eingesetzt, um die Versorgung mit Vitamin B12 zu ermitteln.
MMA und HCY
Eine weitere häufige Untersuchung ist die Bestimmung der MMA- (Methylmalonsäure) und HCY- (Homocystein) Werte. MMA und HCY sind Substrate, also Zutaten für zwei Von Vitamin B12 abhängige Stoffwechselreaktionen. Wenn die B12-Speicher so weit erschöpft sind, dass diese Reaktionen nicht mehr ablaufen können, steigen die MMA- und HCY-Werte im Blut an. Ein solcher Anstieg kann also auf einen Vitamin-B12-Mangel hinweisen.
Der Blutspiegel von Methylmalonsäure gilt dabei als der genauere Indikator, da der Homocystein-Spiegel auch aus einem anderen Grund ansteigen kann (Folsäuremangel).
Vitamin B12-Mangel: Prognose
Die Prognose des Vitamin-B12-Mangels ist sehr unterschiedlich. Entscheidend ist vor allem, ob er frühzeitig diagnostiziert und behandelt wird.
Unbehandelter Vitamin-B12-Mangel
Unbehandelt kann ein Vitamin-B12-Mangel ernste und irreversible Folgen haben. Die gestörte Produktion der roten Blutkörperchen bringt neben Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche und Blässe auch eine gesteigerte Belastung des Herzens mit sich.
Die neurologischen Symptome bei Vitamin-B12-Mangel umfassen beispielsweise Kribbeln in den Extremitäten, Muskelschwäche, Gangunsicherheit und kognitive Störungen.
In schweren Fällen können Betroffene sogar eine Demenz entwickeln sowie erblinden (durch Schädigung des Sehnervs).
Einige dieser neurologischen Schäden sind nicht umkehrbar, also irreversibel, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden.
Vitamin-B12-Mangel unter Behandlung
Wird ein Vitamin-B12-Mangel frühzeitig (bevor irreversible Schäden entstanden sind) erkannt und behandelt, ist die Prognose in der Regel ausgezeichnet. Die meisten Symptome verschwinden unter der richtigen Behandlung:
Die Symptome, welche die gestörte Blutbildung betreffen, können sich innerhalb weniger Wochen bessern. Bei den neurologischen Symptomen von Vitamin-B12-Mangel kann es länger dauern – möglicherweise erfordern sie eine längerfristige Behandlung.
Autoren- & Quelleninformationen
Wissenschaftliche Standards:
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.
Vorlage:
Friedrich Bohlmann
Autor:

Carola Felchner
Carola Felchner ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion und geprüfte Trainings- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bei verschiedenen Fachmagazinen und Online-Portalen, bevor sie sich 2015 als Journalistin selbstständig machte. Vor ihrem Volontariat studierte sie in Kempten und München Übersetzen und Dolmetschen.
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