OFDb - 892 (2022) - Eine Kritik von Maichklang
- ️Sat Jul 22 2023
Review
Reine Habgier dürfte das am meisten verbreitete Motiv für einen Bankraub sein. Zuweilen mag dies aus einer vermeintlichen Not heraus entstehen, vielleicht nahezu spontan zustande kommen, wie im vorliegenden Drama von Regisseurin Abi Damaris Corbin. Entsprechende Umsetzungen beinhalten diverse Schwerpunkte mit Planung, Durchführung und Flucht, wogegen hier die Motive des Täters näher durchleuchtet werden, was zudem auf wahren Begebenheiten beruht.
Eher zögerlich betritt Brian (John Boyega) an diesem Tag die Bank, um der Angestellten Rosa (Selenis Leyva) einen Zettel mit einer Bombendrohung vorzulegen. Während Brian darauf beharrt, sogleich den Alarm auszulösen, bugsiert Filialleiterin Estel (Nicole Beharie) alle Anwesenden nach draußen. Der ehemalige Marine hat es indes nicht auf das Geld der Bank abgesehen, er will sich anderweitig Gehör verschaffen…
Action sollte man bei dieser Konstellation nicht erwarten, denn der Stoff wird durchweg ruhig und mehrheitlich unaufgeregt vorgetragen. Er fokussiert sich auf einige der Beteiligten, die zwangsläufig auch außerhalb des Geldinstituts zu finden sind. Nahe liegend sind Ex und Tochter, aber auch der lokale Sheriff (Michael Kenneth Williams), ebenfalls ein Ex-Marine, baut rasch einen konstruktiven Draht zu Brian auf, während dieser zwischenzeitlich mit einer Journalistin telefoniert, um eben jener sein Anliegen vorzutragen. Rasch wird einmal mehr deutlich, dass im Land der unbegrenzten Möglichkeiten eben vieles möglich ist, - auch im Großraum der Bürokratie.
Corbin gelingt somit eine Gradwanderung zu einem beinahe schon sympathisch auftretenden Kriminellen, dessen Motiv mehr als nachvollziehbar erscheint, obgleich der eingeschlagene Weg natürlich Humbug ist. Die zurückhaltende und stets freundliche, oftmals gar entschuldigenden Handlungen Brians führen so weit, dass er inmitten der Aufregung den Anruf einer Kundin entgegen nimmt und diese mit höflichen Worten auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet. Somit erscheint im Verlauf immer unwahrscheinlicher, dass dieser Mann zu Gewalt neigt, sondern ein Verbrechen als Hilferuf begeht.
Die Chose funktioniert nicht nur aufgrund gelungener Figurenzeichnungen, sondern in erster Linie mithilfe der durchweg glaubhaft aufspielenden Mimen, die, ohne jemals drüber zu performen, exzellente und gleichermaßen intensive Darbietungen hinlegen. Einen anhaftenden Wehrmutstropfen bildet dabei der stets verlässliche Michael Kenneth Williams, der nicht lange nach Drehschluss an einer Drogenüberdosis starb.
Die im Grunde recht simple Geschichte ist somit über weite Teile fesselnd umgesetzt und obgleich sie in Sachen Spannung noch etwas mehr Dynamik hätte entwickeln können, berührt nicht zuletzt der Background der wahren Tatsachen. Und jener hat auch etwas mit dem nebulös erscheinenden Titel zu tun, der sich im Verlauf auf beinahe schmerzhafte Weise erklärt.
7 von 10