»Der gleiche Stall, die gleiche Frequenz« SPIEGEL-Report über
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- ️Sun Nov 13 1988
Stundenlöhne bis zu 155 Mark verlangen sie für tagelanges Hinterherfahren und Herumsitzen im Auto, obendrein hauen sie üppige Spesen drauf. Bis zu 1,90 Mark kostet der Kilometer, und ob auch jede berechnete Strecke tatsächlich zurückgelegt wurde, ist allemal fraglich - und womöglich Gegenstand eines Auftrags für den nächsten Privatfahnder.
Detektive, stellt BDD-Ehrenpräsident Manfred Dessau fest, »sind keine billigen Schnüffler, sondern oft recht teure Spezialisten«. Viele sind darunter, die nur teuer sind.
Der Unternehmensberater Rainer Wirsching hat in einer kritischen Dokumentation über das Geschäftsgebaren der zwielichtigen Branche ("Den Schnüfflern auf der Spur") krasse Fälle von schierer Geldmacherei zusammengetragen. Einem Konditor, der seine Ehefrau beschatten lassen wollte, knöpfte das beauftragte Detektivinstitut 2302,46 Mark ab, obwohl die Späher laut Ermittlungsgericht »in 17 Wageneinsatzstunden« die Frau kein einziges Mal zu Gesicht bekommen hatten. Nach Protest des Bäckermeisters wollte das Schnüfflerbüro einen Nachlaß von 500 Mark gewähren - aber nur »für den Fall, daß eine weitere Observation stattfinden soll«.
Auf windige Art werden oft auch verzweifelte Bürger ausgenommen. Und die verlangte Qualifikation »täuschen, tarnen und lügen« (Dessau) setzen die Schnüffler auch ein, wenn sie um Kunden buhlen.
Nur selten halten die Detekteien, was sie in reißerischen Anzeigen versprechen. Ob sie wirklich »Tag und Nacht erreichbar« sind, darauf überprüfte Sicherheitsberater Wirsching 20 Spähbetriebe. Bei 16 zu später Stunde angerufenen Büros meldete sich niemand.
Eine »nicht zu unterschätzende Werbemöglichkeit« sieht Dessau in der »positiven Erwähnung« in den Medien. Dort stellen sich Detektive dar wie Tausendsassas oder, weil's besonders gut ankommt, auch als wahre Freunde und Helfer der Wehrlosen.
Der Frankfurter Detektiv Hans Glassl schleuste einen Mitarbeiter in ein Alten- und Pflegeheim ein, der dort angeblich aufdeckte, daß alte Leute »totgepflegt« würden: ein Fall für den Staatsanwalt und die lokalen Blätter.
Die Sache habe er fast umsonst übernommen, erzählte der ehemalige Bundesgrenzschützer, quasi als Idealist. Doch mit der Schwäche für die Schwachen kann es bei dem »Fido«-Chef nicht weit her sein. Glassl offeriert auch Großunternehmen seine Dienste für die Ausforschung von Arbeitnehmern.
Suchen Firmen per Zeitungsinserat neue Mitarbeiter, dann meldet sich »Fido« mit drei »Leistungs-Paketen": Bei der »Bewerber-Grundprüfung« (490 Mark) wird neben anderem die »Auffälligkeit am letzten Wohnsitz« ermittelt; die »individuelle Bewerberkontrolle« (2450 Mark) umfaßt auch die »Abfrage der angegebenen Referenzen unter Vorwand«; der »Top-security-check für leitende Manager« (7640 Mark) schließt die »Aufdeckung von risikobehafteter, politisch auffälliger Gesinnung« ein.
Um ins Geschäft zu kommen, werfen Privatschnüffler eiserne Grundsätze um, die seit dem legendären Allan Pinkerton, dem amerikanischen Stammvater des Metiers, das Bild vom erfolgreichen Detektiv prägen. Für ein bißchen Publicity zeigen die Schnüffler in Gazetten ihr Antlitz in Großformat, als hätte es die vertraute Tarnung nie gegeben: den hochgestellten Mantelkragen und die tief ins Gesicht gezogene Hutkrempe, den Blick durchs Loch in der Zeitung.
Der Branche, die Claus Theo Gärtner, den prügelnden Fernseh-Schnüffler Matula aus der Serie »Ein Fall für zwei«, zum BDD-»Detektiv des Jahres« kürte, mangelt es offenbar an geeigneten eigenen Kandidaten. »Die Meister unseres Faches«, gesteht BDD-Ehrenpräsident Dessau, seien ja »so dünn gesät«.
Von den rund 600 angemeldeten Detekteien in der Bundesrepublik hält Kritiker Wirsching gerade mal zehn für so solide, daß sie »nicht anfällig für jede Drecksarbeit sind«. Und im Vergleich zum Glamour, der die amerikanischen Detectives in Paperbacks und TV-Serien umgibt, sind die deutschen Knattertons meist blasse Typen. Unter ihnen ist keiner, der wie der liebenswerte Rockford der Police immer um eine Spur voraus ist, der mit dem Charme eines Magnum der hübschen, aber gerissenen Millionärsgattin auf die Schliche kommt.
Die besonderen Fähigkeiten der deutschen Abart des amerikanischen »private eye« sind meist nicht mehr als stupide Routineübungen, die jedem Normalbürger leicht gelingen würden: im Auto hinterherfahren, Hausbesucher notieren oder per Telephon unter einem vorgetäuschten berechtigten Interesse vom Amt den Kfz-Halter abfragen.
Übergelaufene Geheimdienstler und Polizisten, wirbt die Zunft, würden das Leistungsniveau heben. Viele Sicherheitsbeamte riechen nur mal rein in das private Schnüfflergewerbe. Es ist ein Nebenerwerb für sie, der mittlerweile so beliebt und verbreitet ist wie Mietwagenüberführen und Taxifahren.
Ein Offenbacher Hauptkommissar war krank geschrieben, aber fit genug, um für eine Fuldaer Detektei quer durch die Bundesrepublik zu fahren und Personen auszufragen. Vor dem Amtsgericht, wo er sich wegen Betrugs gegenüber seinem Dienstherrn verantworten mußte, gab der Beamte zu, für die Extratouren 2000 Mark bekommen zu haben.
Der Richter stellte das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 500 Mark wegen »geringer Schuld« ein. Der Polizist wurde aus »psychischen Gründen« im Alter von 42 Jahren pensioniert und wollte danach als Vollprofi ins Detektivgewerbe einsteigen.
Daß staatliche Fahnder die Uniform und die Dienstmarke ablegen, um ins Lager der privaten Späher zu wechseln, hat vielerlei Gründe. Der Frust treibt manche weg, andere lockt die Aussicht auf leicht verdientes Geld.
Als Kriminalobermeister war der Mainzer Detektiv Hofem unzufrieden, weil die Führung seiner Ansicht nach die Schwerpunkte polizeilicher Arbeit einseitig setzte. Dem engagierten Gewerkschafter mißfiel, daß »zuviel Material und Kräfte für politische Einsätze mobilisiert werden, während der Bürger stundenlang warten muß, bis er mal eine Anzeige machen kann«.
Daß die Polizei »immer mehr in die elitäre Richtung schlüpft und gegen den Kleinkram nichts macht«, spürte der Ex-Kripo-Mann im eigenen Revier, bei der Bekämpfung der Automatenknacker. Im Alleingang gegen die Hartgeldräuber, die in Mainz genau wußten, »wann ein Gerät wieder gut mit Kohle gefüllt war«, konnte Hofem nur jeden fünften Bruch aufklären.
Der Kriminalbeamte wollte nicht mehr bleiben, »wo es immer mehr Arbeit und immer weniger Personal gibt«. Das »Bullenbewußtsein«, das doch tief in ihm stecke, habe schließlich den Ausschlag gegeben, auf den artverwandten Detektivberuf umzusteigen. Auf das »gewisse Kribbeln«, spürt Hofem, müsse er da nicht verzichten.
In die Beschattungsbranche verschlägt es auch Typen, die sich im Staatsdienst nicht genügend austoben konnten. Einer von dieser Sorte ist der Frankfurter Detektiv Karlheinz Moritz, genannt »Charly«. Sieben Jahre lang schob Moritz, dem wegen Unfallflucht »ein Diszi anhing«, Dienst beim Bundesgrenzschutz: als Leibwächter Bonner Politiker, als Sicherheitsbeamter an Bord der Lufthansa, aber auch im Kontrollhäuschen am Boden.
Ausgebildet ist »Charly«, erzählt er, »im Terrorkampf, das Brutalste, wo man auch lernt, den anderen im Notfall durch einen Biß in die Ader plattzumachen«. Doch sein Wunsch, in die Spezialeinheit GSG 9 aufzurücken, scheiterte daran, daß ihn »ständig der Meniskus« zwickte.
Auch als Privatdetektiv geht Moritz jetzt »lieber ins Feuer als nach hinten«. Ihn reizt, auf den Millionenschmuck einer reiselustigen alten Dame aufzupassen oder einer verzweifelten Mutter das Kind zurückzuholen, das der Vater ins Ausland mitgenommen hat.
Der Frankfurter Detektiv Rolf Kühnemann, 39, wiederum sah als Polizeihauptmeister »keine Beförderungsperspektiven mehr, weil der Flaschenhals nach oben immer enger wird«. Wegen eines Bandscheibenleidens ging Kühnemann vor vier Jahren in den Ruhestand: Für den Polizeidienst war er untauglich, an einer Versetzung auf die Schreibstube hatte er kein Interesse.
Jetzt fühlt sich der Frühpensionär »von dienstlichen Zwängen befreit, und finanziell kommt auch was rum": Statt wie früher sieben Mark netto für die Polizeiüberstunde kassiert er für eine Stunde privates Nachspüren 95 Mark.
Auch wenn die übergewechselten Fahnder mit staatlicher Kriminalitätsbekämpfung abgeschlossen haben, den Kontakt zu den früheren Kollegen halten sie gern aufrecht. Oft ist es nur ein Tip in alter Freundschaft, den der Polizist dem Detektiv gibt. Nicht selten aber bekommt er dafür auch ein paar Hunderter.
Nur »aus Gefälligkeit« versorgte ein Münchner Hauptkommissar einen Detektiv, den er auch als V-Mann eingesetzt hatte, mit Informationen aus den Polizeiakten. Wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen wurde der Polizeibeamte zu 5400 Mark Geldstrafe verurteilt.
Für 500 Mark lieferte ein Berliner Polizeiobermeister einem Privatschnüffler alle Computer-Daten, die das interne Informationssystem über die beschattete Person gespeichert hatte. Der Beamte wurde wegen Bestechlichkeit zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.
Welche Ausmaße der Nachrichtenhandel zwischen Polizisten und Detektiven manchmal annimmt, hat vor Jahren schon die Staatsanwaltschaft in Nordrhein-Westfalen aufgedeckt. Das Detektivinstitut Kocks in Duisburg hatte in nahezu allen größeren Städten des Ruhrgebiets Polizeibeamte als »freie Mitarbeiter«, die für Geld polizeiliche Erkenntnisse über Stellenbewerber und Belegschaftsmitglieder lieferten.
Ein Dortmunder Kripo-Mann hatte insgesamt 76mal geheime Daten an Kocks geliefert. Das jahrelange Zusammenspiel gipfelte in der Dreistigkeit eines geschnappten Essener Fahndungsleiters, der nebenbei auch noch Detektive schulte und sie vor den Gefahren der »Bestechung und Bestechlichkeit« warnte.
Es muß nicht immer Schmiergeld sein, das den verbotenen Informationsfluß in Gang bringt. Oft genügt enge Kumpanei, um sich über die rechtsstaatlichen Regeln der Verbrechensbekämpfung hinwegzusetzen.
Wie schnell die Teamarbeit von staatlichen und privaten Fahndern dann selbst zu einem Kriminalstück wird, zeigt eine gemeinsame Jagd nach Raubdruckern, die derzeit die Berliner Justiz beschäftigt. Die Akteure: drei Beamte des Berliner Gewerbeaußendienstes und vier Detektive, darunter der ehemalige Polizeihauptkommissar Kühnemann und ein aktiver Schutzpolizist, beide aus Frankfurt.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hatte die Marken- und Produktschutz GmbH (MPS) in Frankfurt beauftragt, die Hintermänner der Raubdruckszene in Berlin aufzuspüren. MPS-Mitarbeiter Kühnemann stellte eine Fahndungstruppe zusammen und richtete in der Pflügerstraße 55 ein Lagezentrum ein.
Zwei Berliner Kaufhausdetektive übernahmen es, nachts in Szenekneipen den Gesprächen am Nachbartisch zu lauschen. Kühnemann und sein »Freund aus früheren Polizeizeiten«, der gerade krank geschrieben war, observierten Bücherstände in der Uni.
Die Kripobeamten des Gewerbeaußendienstes, eigentlich zuständig für die Raubdruckbekämpfung, aber dabei offensichtlich überfordert, begnügten sich damit, den privaten Ermittlern »begrenzte Informationen« (Kühnemann) zu geben oder ihnen die von Verdächtigen geschossenen Bilder zu entwickeln. Das geschah alles, sagt Ex-Polizist Kühnemann, »in ganz lockerer Atmosphäre«.
Eine »heiße Spur« führte die Spürnasen dann in die Obentrautstraße in Kreuzberg, wo sie im Kellergeschoß des Hauses Nr. 53 ein Lager mit nachgemachten Druckwerken vermuteten. Die Beschatter installierten einen Minispion in einem Kellerraum und nisteten sich, 15 Meter Luftlinie entfernt, in einem Bauwagen ein. Dort stellten sie das Empfangsgerät auf.
Der Hauswirtin kamen die Gestalten verdächtig vor. Und als sie auf der Fensterbank des Bauwagens eine Antenne entdeckte, dachte sie, es könnten Terroristen sein, die etwas in die Luft sprengen wollten. Die Verwalterin alarmierte die Polizei.
Drei Zivilbeamte drangen in die Baubude und, erinnert sich Kühnemann, »drückten uns die Knarre in den Bauch«. Da fiel dem Frankfurter Schupo ein, daß er ja eigentlich einer von ihnen war. Sie sollten die Pistolen wieder einstecken, wollte er die Situation entschärfen, er sei doch »Kollege«.
Doch auf kollegiale Nachsicht konnten die Raubdruckfahnder nicht bauen. Mit unerbittlicher Härte verfolgt die Berliner Justiz seitdem die Arbeitsweise des halbstaatlichen Gespanns.
Die Staatsanwaltschaft durchsuchte mit Hilfe der Kripo die Amtsstuben, Büros und Wohnungen der beteiligten Fahnder und schloß mit einer langen Liste von Anklagepunkten ab: Verstöße gegen das Fernmeldeanlagengesetz und das Datenschutzgesetz, Urkundenfälschung, Strafvereitelung und Amtsanmaßung.
Den Rundumschlag gegen den gemischten Spürtrupp hält Anführer Kühnemann für »ein Krümelsuchen, wo wir doch alle an einem Strang gezogen haben«. Der ermittelnde Oberstaatsanwalt Schomberg wollte aber auch grundsätzlich aufzeigen, daß »einiges ins Rutschen« kommt, wenn als Folge der Kungelei »das staatliche Gewaltmonopol objektiv aufgehoben wird und Private illegale nachrichtendienstliche Methoden anwenden«.
Nach offizieller Version gehen Polizeibehörden meist auf Distanz zu den Privatfahndern. Ihnen sei, warnte das Bundeskriminalamt, »mit einer gewissen Skepsis, und das nicht zu Unrecht«, zu begegnen.
Das Hessische Landeskriminalamt (LKA) lehnte es »aus Sicherheitsüberlegungen« ab, Polizeibeamte zur Schulung von Detektiven abzustellen. Das LKA befürchtete »Pflichtenkollisionen« und wies die Schnüfflerbranche in ihre Schranken.
Die polizeiliche Ausbildung sei schließlich wegen des »überwiegenden Eingriffscharakters« der Polizeitätigkeit »nach Kriterien ausgerichtet«, die den »Bedürfnissen« von Detektiven nicht entsprechen könnten.
Das Gekungel, befürchten die Sicherheitsbehörden, führe nur allzu schnell dazu, daß die polizeilichen Informationssysteme für die privaten Spürunternehmen angezapft werden. Wird ein Staatsschützer gar dabei erwischt, wie er nebenbei für Detektivbüros spitzelt, ist die Sorge um den Schutz der gespeicherten Daten um so größer.
Die Feierabend-Detektive des MAD beispielsweise hatten Zugriff auf Nadis, die Datenbank der Nachrichtendienste. Und sie jobbten für einen, der, wie das Verteidigungsministerium ermittelte, früher auch mal in MAD-Diensten stand: Feldwebel Peter Hinzen, den Chef der Düsseldorfer Detektei »Condor«.
Der ehemalige MAD-Mann bestreitet freilich, daß die aktiven Geheimdienstler für ihn unterwegs waren. Kapitänleutnant Haake war seinem Zielobjekt, dem Küfer von der Weinstraße, nach Erkenntnissen der Hardthöhe auch eher aus läppischem Anlaß auf der Spur: Der Weinhändler soll nach Firmenneugründung alte Kunden aus dem Konkursbetrieb rübergezogen haben.
Die Führung auf der Hardthöhe konnte dem MAD-Offizier zwar nicht nachweisen, daß er Nadis für seine privaten Touren nutzte. Etwas »Rechtswidriges«, stellte das Ministerium fest, habe sich Haake »nicht zuschulden kommen lassen«. Doch vorsichtshalber wurde der Soldat aus dem sicherheitsrelevanten MAD-Bereich »herausgelöst«.
Insgeheim sind den Sicherheitsbehörden die Detektive, wenn sie nicht gerade in ihren Diensten stehen, durchaus auch willkommene Helfer. Denn bei der steigenden Zahl der Eigentumsdelikte, räumt der Mannheimer Polizeipräsident Willi Menz ein, »kann die Kripo nicht mehr alle Straftaten mit gleicher Intensität bearbeiten«. Zu den eingeschalteten Detektiven, so der Polizeichef, »halten wir Kontakt wie zu den geschädigten Firmen, die sie beauftragen«.
Massendelikte vor allem, bei denen das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung vermeintlich geringer ist als das Interesse des Geschädigten, sind vielfach zum Monopol der Privatermittler geworden. Vor allem Wirtschaftsunternehmen bleibt nichts anderes übrig, als Fälscher und Betrüger gegen dickes Honorar stellen zu lassen.
Die Kripo kapituliert, weiß Ex-Polizist Kühnemann, »wenn sie vor einem Stapel Akten mit fingierten Autounfällen sitzt«. Jeder Sachbearbeiter, so Kühnemann, »ist dann dankbar, wenn wir kommen und ihm die Arbeit abnehmen«.
Bei der Jagd nach Raubdruckern beispielsweise setzt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels schon seit Jahren auf private Ermittler - auf Empfehlung von Staatsschützern. In einer gemeinsamen Erörterung der Strategie gegen den Urheberklau gestand die Frankfurter Staatsanwaltschaft im August 1985 den Buchhändlern, es könne, so eine Gesprächsnotiz, »letztlich nur durch den verbandseigenen Einsatz von Detektiven versucht werden«, den Raubdruckern das Handwerk zu legen.
Das geheime Zusammenspiel, von Polizeibehörden tabuisiert, ist auch für Detektive kein Thema, über das sie gerne offen sprechen. Viele machen nur Andeutungen, die freilich meist eindeutig sind. Ex-Polizist Kühnemann, häufig Tennispartner des Frankfurter Polizeipräsidenten Karlheinz Gemmer, kommt, wie er sagt, »aus dem gleichen Stall, dann funkt man auch auf der gleichen Frequenz«.
Wirtschaftsdetektiv Matschke, der den Strafverfolgern schon prominente Delinquenten wie den Finanzjongleur Horst-Dieter Esch zuführte und in seinem Büro dutzendweise Polizeimützen aus Indonesien oder von der »Cambridgeshire Constabulary« stapelt, beschäftigt nur ehemalige staatliche Fahnder. Selbst die Sekretärin war früher bei der Kripo.
Die Ludwigsburger Detektei »Contra« schickt, wie Geschäftsführer Karlheinz Buchzik wirbt, nur »ehemalige Beamte des gehobenen Dienstes« auf Spurensuche. Mit »durchermittelten Ergebnissen«, lobt sich der frühere Kriminaloberkommissar, »waren wir bei Strafverfolgungsbehörden stets willkommen«.
Doch selbst Insider bezweifeln, daß polizeiliche Schulung auch zum privaten Schnüffeln befähigt. »Mit garantiertem Einkommen und den Machtmitteln des Staates zu arbeiten«, erklärte Detektivfunktionär Dessau, sei ja »viel leichter, als auf sich selbst angewiesen zu sein«. Der »Stallgeruch des beamteten Kriminalisten« sei »ein schweres Handikap«, das es schnell abzulegen gelte.
Wenn es nicht der detektivische Spürsinn ist, den die Ex-Polizisten mitbringen, dann sind es eben die guten Kontakte zu den ehemaligen Kollegen, die sie qualifizieren.
Ein gedeihliches Miteinander hat in Mannheim beispielsweise Tradition. Zur »Buhles Detektive GmbH«, sagt ein Polizeisprecher, habe man »ein sehr gutes Verhältnis«. Der Namensgeber des alteingesessenen Unternehmens war selber bei der Kripo.
Auch der neue Geschäftsführer Manfred Franz kennt als früherer Streifenbeamter »den Stall gut, aus dem ich komme«. Die innige Beziehung soll sich jetzt noch vertiefen. Ein Buhles-Mitarbeiter geht, ganz offiziell, zur Polizei. #