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Photosynthese in der Tiefsee

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  • ️Tue Jun 21 2005

Bakterien Photosynthese in der Tiefsee

In 2400 Metern Meerestiefe gibt es Bakterien, die wie Pflanzen Licht zur Energiegewinnung nutzen – ganz ohne Sonne. Für dieses Kunststück nutzen sie ganz besonderes Licht.

Statt der Sonne verwenden die grünen Schwefelbakterien die schwachen Strahlen heißer Quellen der Tiefsee für ihre Photosynthese. Die überraschende Entdeckung vor der Küste von Mexiko stellt ein internationales Forscherteam in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS, www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0503674102) vom Dienstag vor. Die Bakterien seien damit die ersten bekannten Organismen, die zur Photosynthese ohne Sonnenlicht fähig sind.

Photosynthese auch auf anderen Planeten?

Die winzigen Mikroben zeigen, dass "Photosynthese keineswegs nur auf die Oberfläche unseres Planeten beschränkt" ist, schreibt das Team um Thomas Beatty von der Universität von British Columbia in Vancouver. Weiterhin stelle sich jetzt die Frage, ob auch auf anderen Planeten unter den widrigsten Bedingungen Photosynthese möglich ist. Denkbar sei zum Beispiel, dass sich entsprechende Bakterien auf dem Jupitermond Europa befinden und zwar am Boden der unter einer dicken Eisdecke vermuteten flüssigen Meere.

Die Forscher filterten die Bakterien aus Wasserproben, die sie in der Nähe der hydrothermalen Quellen nahmen. Die Mikroben leben in einem "hauchdünnen Spalt" zwischen dem kochend heißen Quellwasser mit seiner Temperatur von rund 350 Grad Celsius und dem eiskalten (2 Grad Celsius) Tiefseewasser.

Ihre Fähigkeit, das extrem schwache Licht der heißen Quellen zur Photosynthese und damit zur Energiegewinnung zu nutzen, verdanken sie einem einzigartigen Antennensystem. Dieses bestehe aus einem überaus empfindlichen Chlorosom-Komplex, der selbst das geringste Licht auffange und es zum Reaktionszentrum des Organismus übertrage, wo dann die tatsächliche Photosynthese stattfinde, erläuterte Robert Blankenship von der Universität Arizona. Sonnenlicht kann etwa 100 bis 200 Meter tief in das Meer eindringen. An der Arbeit war auch Jörg Overmann von Ludwig-Maximilians-Universität-München beteiligt.

DPA