Es begann mit einer Sternfahrt zum Casino
- ️Fri Jan 21 2011
100 Jahre Rallye Monte Carlo: Es begann mit einer Sternfahrt zum Casino
Eigentlich war sie nur ein Werbegag für die Hotels von Monaco, aber sie wurde die Mutter aller Rallyes: Vor 100 Jahren startete die erste Etappentour nach Monte Carlo.
21. Januar 2011, 12:52 Uhr
![Rennwagen passieren einen Kontrollposten der Rallye Monte Carlo 1939](https://img.zeit.de/auto/2011-01/rallye-1939/rallye-1939-540x304.jpg/imagegroup/wide__1000x562)
Monacos Touristik-Manager standen Anfang des 20. Jahrhunderts unter Druck. Da hatte Fürst Charles I. in den 1860er Jahren ein Casino auf einem leeren Gebiet gebaut, darum herum einen Stadtbezirk entwickelt, um zahlungskräftige Gäste anzulocken, und hatte das Viertel nach ihm "Monte Carlo" benannt. Doch ein halbes Jahrhundert später hatten die luxuriösen Hotels in der Wintersaison das Nachsehen hinter der Konkurrenz in Frankreich. Die Haute-Volée strömte lieber nach Nizza, wo im Februar der Karneval tobte.
Also musste eine neue Attraktion her. Da kam das modische Spielzeug der jungen Reichen gerade recht: das Auto. Schon 1894 gab es in Monte Carlo den ersten Wettkampf "für pferdelose Wagen". 1909 hatte Alexandre Noghès, Präsident des just in Fahrrad- und Automobilsportclub umbenannten örtlichen Fahrradclubs, dann die Idee eines Autorennens aus mehreren europäischen Städten nach Monaco. Womöglich flüsterte auch sein Sohn Antony ihm den Einfall ein, der dann 1929 den Grand Prix im Fürstentum begründete.
Am 21. Januar 1911, tief in der touristischen Nebensaison, startete die erste Rallye Monte Carlo – in Berlin. Denn um ein möglichst internationales Fahrerfeld anzuziehen, durften die Teilnehmer aus elf europäischen Städten als Startpunkten wählen; das französische rallye lässt sich als Zusammenkunft übersetzen. Weil Berlin mit rund 1700 Kilometern unter den sechs dann benutzten Starts am weitesten von Monte Carlo entfernt liegt, durften die zwei von dort kommenden Wettbewerber als erste losfahren.
Von 23 ursprünglich gemeldeten Fahrern starteten 20. Aus Genf, 670 Kilometer nah an Monaco, kamen ebenso wie aus dem fernen Berlin und Wien zwei Wagen; in Brüssel fuhren vier Teilnehmer los. Neun Fahrer starteten in Paris, aus Boulogne-sur-Mer bei Calais kam ein Starter. 18 von ihnen kamen in Monte Carlo an – die beste Quote von Startern und Ankömmlingen in der Geschichte der Rallye.
Die monegassischen Organisatoren wollten keine Höchstleistungen auf Rennboliden, sie wollten vermögende Amateurfahrer mit sportlichen Serienautos anlocken. Deshalb gab es mehrere Gewinnmöglichkeiten, etwa in den Kategorien Geschwindigkeit, gefahrene Kilometer, transportierte Personen, Komfort der Reisenden und Zustand der Karosserie nach Hunderten Kilometern auf schlaglochübersäten Straßen, die sich zum schnellen Fahren kaum eigneten. Und jeder Teilnehmer bekam eine Gedenkplakette, die sich prestigeträchtig am Fahrzeug anbringen ließ.
Auch in die Punktwertung für das Gesamtklassement gingen neben Geschwindigkeit und zurückgelegten Kilometern nicht so ganz objektive Kriterien wie Komfort, Zustand und Eleganz des Fahrzeugs ein. Beurteilt wurden sie von einer Jury unter Vorsitz von Fürst Albert I., die ob des komplexen Reglements einen ganzen Tag brauchte, bis sie das Ergebnis bekannt gab: Sieger war der Franzose Henri Rougier auf einem Turcat-Méry.